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Den Menschen in diesem Land dienen

Kandidat Joachim Gauck

(Bildquelle: landesarchiv-bw.de/web/50755)

Berlin, 4.6.2010. Was die Regierungskoalition am Donnerstagabend in fünf Minuten und stehend abgehandelt hat, führte die Opposition am Freitagmorgen in der sitzenden und extra-ausführlichen Version vor: Die Präsentation der Kandidaten für das Amt des Bundespräsidenten hätte unterschiedlicher kaum sein können.

Gleiches gilt auch für die Kandidaten selbst. Die Regierung entschied sich für Christian Wulff (50), CDU-Politiker, Ministerpräsident. SPD und Grüne küren Joachim Gauck (70) zum Gegenkandidaten, Bürgerrechtler, Pfarrer, perteilos und Ex-Chef der Stasi-Unterlagenbehörde, die „Gauck-Behörde“.

Donnerstag, 19.30 Uhr, Reichstag, Fraktionsebene: Bundeskanzlerin Merkel, Guido Westerwelle, Horst Seehofer und Christian Wulff eilen zu den vier Mikrofonständern. Es ist eines kurzes und glanzloses Statement, dauert kaum mehr als fünf Minuten, zu dem erst zwei Stunden zuvor geladen wurde. Bundeskanzlerin Merkel stellt Christian Wulff als ihren Kandidaten für das Amt des Bundespräsidenten vor: Er sei jemand, der „Verantwortung im Land übernimmt“, lobt sie den 50-jährigen niedersächsischen Ministerpräsidenten.

Dann ist FDP-Chef Guido Westerwelle an der Reihe: „Wir bekommen einen sehr guten Bundespräsidenten“, sagt er. Es klingt, als ob er jemanden beruhigen wollte. Mit Wulff glaubt er jemanden gefunden zu haben, der es verstehe "für Alle da zu sein".

CSU-Chef Horst Seehofer betont die Einstimmigkeit, mit der sich das Präsidium seiner Partei für den Kandidaten entschieden habe. Wenngleich es in der Union „mehrere geeignete Kandidaten“ gegeben hätte. Damit meint er Finanzminister Wolfgang Schäuble und Arbeitsministerin Ursula von der Leyen, die noch am Mittwoch als heisseste Kandidatin für das höchste Amt im Staat gehandelt wurde.

Wulff selbst hält es ebenfalls kurz: "Ich freue mich auf die Aufgabe“. Dennoch habe er "ein bisschen Wehmut" wegen Köhlers Rücktritt. Wulff ist der Einzige, der Köhler erwähnt. Und staatstragend schließt er: „Ich möchte den Menschen in diesem Land dienen.“

Das war’s. Fragen sind nicht erlaubt. So schnell wie die Vier vor die Mikrofone getreten sind verschwinden sie wieder. Die Show ist beendet, die seit Köhlers Rücktritt am Montag zu Hochform aufgelaufene Kandidatenfrage vom Tisch. Vor dem Reichstag sehen ein paar Schaulustige, wie die Bundeskanzlerin und der künftige Bundespräsident gemeinsam in einer Limousine steigen und davon rauschen.

Freitag, 10.30 Uhr, Bundespressekonferenz: Gleiche Prozedur aber anderes Konzept: SPD und Bündnis 90/Die Grünen stellen ihren Gegenkandidaten in der Bundespressekonferenz vor, wo auch mal das eine oder andere Wort mehr fallen kann, Fragen beantwortet werden.

Die Opposition ist stolz auf den eigenen Kandidaten Joachim Gauck. Der SPD-Parteivorsitzende Sigmar Gabriel zitiert aus einer Rede von Angela Merkel, in der sie Gauck einmal einen „Mahner und Demokratielehrer“ nannte. Frank-Walter Steinmeier bezeichnet ihn stolz als „großen Ermutiger der Demokratie“.

Grünen-Vorsitzender Cem Özdemir spekuliert darauf, dass aus dem Lager der Union einige für den Kandidaten der Opposition stimmen könnten, denn Gauck genießt auch über die Parteigrenzen hinweg an Ansehen. Vor allem die Ost-Abgeordneten der Union könnten von der Unions-Parteilogik abweichen und „ihrem Herzen folgen“, so formuliert es Özdemir. Der Fraktionsvorsitzende der Grünen, Jürgen Trittin, nennt den parteilosen Gauck einen „linken, liberalen, konservativen“.

Diese linke, liberale, konservative Joachim Gauck erklärt: „Ich trete aus der Mitte der Bevölkerung an.“ Gauck zeigt sein rhetorisches Talent, spricht von Kraft und Ermutigung in der aktuellen Krise. „Wir müssen die Distanz zwischen den Regierenden und Regierten überwinden“, gibt der 70-Jährige seine Marschrute vor. Seine Nominierung habe ihn überrascht, er sei bereit, den Weg mitzugehen. Dann stellen sie sich den Fragen der Journalisten.

Christian Wulffs Wahl gilt als relativ sicher, die Regierungskoalition hat die rechnerische Mehrheit in der Bundesversammlung. Aber sollte Gauck im Lager der Union und FDP überzeugen, könnte er Chancen haben. Die Linken sind mit Gauck nicht einverstanden, sie wollen einen dritten Kandidaten ernennen. Am 30. Juni wählt die Bundesversammlung dann den neuen Bundespräsidenten.

Anna Christina Kessler

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