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Merkel beim EU-Sonderrat in Brüssel



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Mitschrift Pressekonferenz
Pressekonferenz von Bundeskanzlerin Merkel zum EU-Sonderrat in Brüssel
So, 01.03.2009

Thema: Informelles Treffen der Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union
Sprecher: Bundeskanzler Angela Merkel

BK’in Merkel: Meine Damen und Herren, wir haben heute einen Sonderrat gehabt, der informellen Charakter trägt. Er war, glaube ich, eine wichtige Vorbereitungsstation für den formellen Rat im Frühjahr, also in 14 Tagen. Wir haben uns natürlich über die aktuelle Lage in der Europäischen Union ausgetauscht und einige wichtige gemeinsame Schlussfolgerungen gezogen.

Erstens haben wir festgestellt, dass kein Land in irgendeiner Weise einem anderen protektionistische Tendenzen unterstellt hat. Im Gegenteil: Alle miteinander finden wir es gut, dass wir den Binnenmarkt haben, dass die Kommission über unsere Maßnahmenpakete wacht, sie ja auch im Einzelfall genehmigt, und zwar unter der Maßgabe, dass sie der gesamten Europäischen Union dienen und helfen sollen. Dafür dürfen sie eben nicht nur auf die Wirkung in einem einzelnen Land konzentriert sein.

Dies ist auch für das weltweite Vorgehen als außerordentlich wichtig bezeichnet worden. Insofern war das schon eine notwendige und wichtige Botschaft von dem heutigen Treffen, weil das ja das Wesen der Zusammenarbeit in der Europäischen Union ist.

Zweitens ist bezüglich der mittel- und osteuropäischen Länder, die sich heute im Vorfeld getroffen haben, sehr deutlich geworden, dass die Situation in diesen Ländern sehr unterschiedlich ist. Die Redebeiträge der einzelnen Staats- und Regierungschefs haben das noch einmal unter Beweis gestellt.

Es ist klar geworden: Es gilt das Prinzip der Solidarität in der Europäischen Union, was wir ja in den Fällen, wo es notwendig war, auch unter Beweis gestellt haben. Wir haben Ungarn in einer schwierigen finanziellen Situation geholfen. Wir haben Lettland in einer schwierigen finanziellen Situation geholfen. Es macht aber jetzt überhaupt keinen Sinn, allgemeine Spekulationen vorzunehmen. Es sind auch keinerlei Pläne oder Ähnliches vorgestellt worden, wie man das heute zum Teil lesen konnte.

Wir haben allerdings gesagt: Wir wollen mit den internationalen Institutionen ‑ das ist der IWF, die Weltbank, die Europäische Investitionsbank, also EIB, und der EBRD ‑ zusammenarbeiten. Auch ich habe für die deutsche Seite erklärt, dass wir bereit sind, über die Einschätzung bezüglich der einzelnen mittel- und osteuropäischen Länder zu sprechen.

Dabei muss man deutlich zwischen den Ländern unterscheiden, die zur Europäischen Union gehören und anderen Ländern, die außerhalb der Europäischen Union sind. Ich denke z. B. an die Ukraine, für die wir ja auch über den IWF unseren solidarischen Beitrag leisten, um diesem Land in einer schwierigen Situation zu helfen.

Drittens. Es ist sehr deutlich geworden und von sehr vielen angesprochen worden, was ich auch für extrem wichtig halte: Der Stabilitäts- und Wachstumspakt ist das Fundament, auf dem die gemeinsame Wirtschafts- und Währungspolitik in der Europäischen Union beruht. Hier ist es notwendig, dass wir nach der extremen Situation, wie wir sie jetzt in der Finanz- und Wirtschaftskrise haben, wieder zu den Kriterien des Stabilitäts- und Wachstumspakts zurückkehren, d. h. dass wir miteinander ein sogenanntes Ausstiegsszenario entwickeln. Wir werden dann auf dem März-Rat miteinander besprechen, was das spezifischer heißt.

Ich habe darauf hingewiesen, dass der amerikanische Präsident Barack Obama ein klares Ziel für das Ende seiner Legislaturperiode genannt hat, was er beim Schuldenabbau leisten will. Auch die Ausführungen des Präsidenten der Europäischen Zentralbank haben noch einmal unter Beweis gestellt, wie wichtig es ist, dass wir jetzt auf der einen Seite auf die Krise reagieren, uns aber auf der anderen Seite auch fragen: Wie sind die Szenarien, um wieder zu einer normalen Finanz- und Wirtschaftspolitik zurückzukehren, die die Schulden minimiert und nicht mehr auf Pump für die Zukunft lebt? ‑ Das ist natürlich genau die Bekämpfung der Ursachen dieser Krise. Denn hinter allem liegt ja, dass viele Länder auf der Welt über ihre Verhältnisse gelebt haben. Das muss nach der Krise als Lehre aus der Krise aufhören.

Wir haben begrüßt, dass die Kommission Vorschläge gemacht hat, sowohl zum Umgang mit "bad assets" als auch zur Larosière-Kommission. Wir haben die Kommission ermuntert, die Vorschläge der Larosière-Kommission schnell umzu­setzen.

Es ist auch eine deutliche Unterstützung für die Vorschläge der Berliner Konferenz in Vorbereitung des G20-Treffens zum Ausdruck gebracht worden. Es ist dem Vorsitzenden der G20-Gruppe, Gordon Brown, ja auf den Weg mitgegeben worden, dass Europa ambitioniert, klar und deutlich reagieren will.

Wir haben am Rande ‑ aber das hat heute keine zentrale Rolle gespielt – natürlich auch über die Zukunft der Automobilindustrie gesprochen. Hier wurde noch einmal deutlich, dass die Kommission mit ihren Leitlinien unsere Unterstützung hat.

Ich habe darauf hingewiesen, dass, wenn wir zusätzliche Maßnahmen ergreifen, auch seitens der Kommission, noch einmal der Blick auf das Programm der Europäischen Investitionsbank zur Entwicklung moderner Antriebstechnologien gelenkt werden sollte. Hier sind die vorgesehenen Mittel schon sehr stark in Anspruch genommen. Ich habe vorgeschlagen, weil dieses Programm in ganz Europa so gut läuft, wenn es notwendig ist, den Fonds bei der EIB dafür noch einmal aufzustocken. Denn das sind wirklich Investitionen in die Zukunft, in modernere umweltfreundlichere Autos. Damit leisten wir nicht nur einen Beitrag zum Erhalt von Arbeitsplätzen, sondern auch zur Innovationsfähigkeit der Europäischen Union.

Insgesamt gab es also ein Signal der Gemeinsamkeit ‑ ein wichtiges Signal zur Vorbereitung des Frühjahrsrates in wenigen Tagen.

Frage: Frau Bundeskanzlerin, können Sie uns sagen, welche Zahlen in Bezug auf die EIB und Hilfen für die Osteuropäer genannt wurden? Welche Größenordnung können die Osteuropäer da erwarten?

BK’in Merkel: Nein, das kann man nicht. Es ist auch von niemandem, von keinem osteuropäischen Staat ‑ soweit man immer erklären muss, was genau mittel- und osteuropäisch ist ‑, eine konkrete Zahlenforderung aufgemacht worden. Einige osteuropäischen Staaten und viele andere haben Wert darauf gelegt, dass sie im Augenblick in einem sehr guten Zustand sind. Der bulgarische Ministerpräsident hat noch einmal deutlich gemacht, dass Bulgarien auch im letzten Quartal Wachstum hatte. Es gibt also Länder, die im letzten Jahr einen Überschuss hatten, die sehr große Währungsreserven haben. Genau dieses ist von dem slowakischen Ministerpräsidenten dargestellt worden.

Das heißt, wir müssen hier sehr vorsichtig sein und immer im Einzelfall schauen, was gemacht werden muss. Ich habe von deutscher Seite auch angeboten, logistische Hilfe zu leisten, wenn es um die Frage geht: Wie schnürt man solche Rettungspakete für Banken? – Wir haben da ja nun eigene Erfahrung in Deutschland sammeln können. Wenn es also um Knowhow und, wie gesagt, um Einzelfälle geht, dann sind wir (gern zur Hilfe bereit). Es ist das Prinzip der Solidarität. Aber wir dürfen auch nicht Probleme kreieren, die real überhaupt nicht existieren. Ich kann nur sagen: Es hat heute keiner irgendeine Zahl verbreitet.

Frage: Frau Bundeskanzlerin, es ist in jüngster Zeit häufiger geworden, dass sich die Staats- und Regierungschefs in Gruppen unterhalb der 27 getroffen haben, etwa die Eurogruppe, die europäischen Mitglieder von G20+2, heute die Osteuropäer. Ist das eine Entwicklung, die in ihren Augen gut für den Zusammenhalt innerhalb der EU ist?

BK’in Merkel: Also erstens gibt es seit langem Regionaltreffen. Die Visegrád-Gruppe z. B. trifft sich vor jedem EU-Rat, soweit ich das überblicke. Wir haben Treffen der skandinavischen Länder. Wir haben Treffen der Benelux-Länder. Wir haben gerade bei dem Vorbereitungstreffen für die G20-Konferenz – das halte ich auch für richtig und wichtig, weil wir uns als daran teilnehmende Länder auch absprechen müssen, wer welche Position vertritt und wie wir unsere Position einbringen ‑ immer darauf geachtet, dass die Präsidentschaft und die Kommission dabei sind. Ich finde, das sind die notwendigen Voraussetzungen.

Ansonsten ist es immer gut, wenn man sich dann gemeinsam trifft. Aber ich sehe jetzt keine größeren Probleme darin, wenn sich vor so einem Treffen, zu dem wir uns alle gemeinsam sehen, noch eine Gruppe trifft.

Frage: Frau Bundeskanzlerin, gab es einen erneuten Vorstoß des französischen Präsidenten für einen europäischen Auto-Plan, und was versteht er darunter? Werden die Gespräche, die Sie heute geführt haben, Einfluss auf Ihre Entscheidung in Sachen Opel haben?

BK’in Merkel: Ich sagte ja schon, dass das Thema Automobile heute nicht im Zentrum der Debatte gestanden hat. Ich denke, wir werden darauf noch einmal auf dem regulären Rat zurückkommen. Wir haben die Leitlinien der Kommission begrüßt.

Ich persönlich ‑ aber das ist heute nicht näher ausgeführt worden ‑ denke, dass wir überlegen müssen, wie wir die Kreditvergabemöglichkeiten für die Automobilindustrie und für andere Industrien im Rahmen von Basel II vielleicht so gestalten, dass wir nicht prozyklische Wirkungen haben, d. h. in der Krise sozusagen die Kreditvergabe noch erschweren.

Ich sage das im Blick auf das deutsche Bürgschaftsprogramm, das ja Kredite auch absichert. In dieser Kombination, denke ich, könnten wir auch für die Automobil­industrie Einiges erreichen. Es ist aber heute – auch angesichts der Gesamtfragen, die wir besprochen haben ‑ nicht die Zeit und der Raum gewesen, um das im Detail auszuarbeiten. Ich glaube, wir kommen darauf zurück.

Da ich ja zu dem heutigen Treffen zu spät gekommen bin, habe ich nicht die gesamte Rede des französischen Präsidenten verfolgt. Der Teil, den ich noch gehört habe, befasste sich nicht mit dem Auto-Plan. Es gab jedenfalls keine spezifischen Vorschläge. Wir sind aber mit Frankreich noch in der Diskussion darüber, was man vielleicht noch spezifisch tun kann, aber ‑ ich sage es gleich voraus ‑ im Rahmen der Wettbewerbsregeln, also im Rahmen des Binnenmarktes.

Ich glaube auch nicht, dass man eine Strategie für eine Industrie machen kann, die jetzt von den Strategien anderer abweicht. Ich habe vorgeschlagen, mehr über die EIB zu machen. Das ist ein Beitrag zum Automobilsektor, weil hier ganz klar ist, dass die Kreditangebote, die die EIB für moderne Antriebstechnologien ausgibt, gut laufen. Dann sollte man das auch machen, weil das schnell wirkt.

Frage: Frau Bundeskanzlerin, einige osteuropäische Staaten haben ja gesagt: Wir wollen jetzt ganz schnell der Eurogruppe beitreten ‑ "fast track" zum Euro. Wie stehen Sie zu den Vorschlägen? Sind Sie dafür, dass die Regulierungen eingehalten werden, oder sind Sie jetzt auch für einen schnellen Weg einiger Länder wie Polen zum Euro?

BK’in Merkel: Ich denke, dass die Kriterien schon eingehalten werden sollten, weil die Kriterien ja auch sehr gut überlegt wurden. Es gibt Bitten von einigen Ländern, schneller zu dem sogenannten ERM II zu kommen. Da kann man sich einmal ansehen, dass sozusagen die Kohärenz der Mitgliedstaaten der Europäischen Union zunimmt und nicht abnimmt, wo immer das möglich ist.

Aber bei den Kriterien für den Beitritt zum Euro, denke ich, sollten wir die Dinge doch so abarbeiten, wie sie im Vertrag stehen und wie sie auch Teil des Maastrichter Stabilitäts- und Wachstumspakts sind. Wir können ja auch nicht einfach die Verträge ändern. Das muss man ja auch sagen. Und da wir gerade mit Vertragsänderungen noch Mühe haben, würde ich sagen, bleiben wir einmal bei dem, was wir haben.

Viel wichtiger ist es aus dieser Situation herauszukommen, wie sie jetzt zum Teil öffentlich diskutiert wurde, dass die europäischen Mitgliedstaaten nicht zueinander stehen. Deshalb habe ich mich auch dafür eingesetzt, dass heute alle Mitglied­staaten um einen Tisch sitzen und nicht wieder nur die Eurogruppe, weil wir ansonsten die Situation bekommen, dass sich die Nicht-Euro-Mitgliedstaaten, die ja genau fühlen, welche Kraft der Euro in dieser Krise entfaltet hat, noch weiter ausgestoßen fühlen. Der Präsident der Europäischen Zentralbank hat heute für alle eine Einschätzung gegeben. Er wird das auch gut überwachen.

Man sollte hier schon deutlich machen: Der Euroraum ist offen. Aber die Kriterien müssen erfüllt werden, zumal man das Kriterium, an dem viele Länder gescheitert sind, nämlich die Inflationsrate, im Augenblick in der Krise leichter einhalten kann als in Zeiten der steigenden Rohstoffpreise, wie es z. B. vor zwei oder drei Jahren der Fall war.

Frage: Sie sagten, Haushaltsstabilisierung und Ausstiegsszenarien aus den Schulden seien sehr wichtig und würden beim Frühjahrsrat eine große Rolle spielen. Nun ist ja die Glaubwürdigkeit davon abhängig, ob man damit auch eine Selbstverpflichtung, was möglicherweise ein Datum angeht, eingeht. Können Sie vielleicht sagen, falls es dazu noch keine EU-Position geben sollte, wie Ihre eigene Position dazu ist? Wann sollte aus Ihrer Sicht wieder angestrebt werden, die Maastricht-Kriterien beim Defizit einzuhalten?

BK’in Merkel: Wir sind ja nicht ganz frei, weil wir den Stabilitäts- und Wachstumspakt haben, der zwar Interpretationsspielräume zulässt, aber nicht beliebig viele. Das heißt, im Grunde muss man aus einer Krisensituation heraus, die im Augenblick sicherlich gegeben ist, nach zwei Jahren wieder deutliche Schritte hin zu den Maastricht-Kriterien schaffen. Jetzt ist nur die Frage: Wie definieren wir die Krisensituation?

Wir wissen ja nicht, wie lange sie anhält. Ich glaube, bei Wachstumsraten von minus 2 Prozent wird man nicht umhinkommen zu sagen, dass es sich hier um eine krisenhafte Situation handelt. Aber sobald das wieder in eine Richtung einer Nulllinie geht, muss man dann mindestens die Frist von zwei Jahren einhalten. Also hier sind dann starke Anstrengungen gefragt.

Es gibt aber auch eine Reihe von Mitgliedstaaten, die das ähnlich sieht. Viele sagen auch ‑ das ist auch heute in der Diskussion deutlich geworden ‑, dass die Vielzahl von Staatsanleihen auf Dauer so nicht durchgehalten werden kann, sondern dann wieder die Phase kommen muss, in der man klare Signale an die Märkte geben muss, dass ein Konsolidierungskurs beschritten wird. Denn ansonsten machen wir einen Verdrängungswettbewerb für die aufkommende Wirtschaft, die dann ja auch Kredite braucht. Wenn die Staaten mit dem guten Rating immer die Kredite sozusagen durch ihre Staatsanleihen aufsaugen, besteht die Gefahr, dass die Wirtschaft schwerer auf die Beine kommt, und das müssen wir natürlich verhindern.

Frage: Frau Bundeskanzlerin, die Vorbereitung des G20-Gipfels war ja heute auch ein Thema. Ganz konkret: Wird sich Deutschland dafür einsetzen, dass die Schweiz auf die Liste unkooperativer Staaten gesetzt wird, und was könnten mögliche Sanktionen gegen solche unkooperativen Staaten sein?

BK’in Merkel: Bislang habe ich noch keine klare Vorstellung von einer solchen Liste. Aber ich denke, je besser wir miteinander im Gespräch sind, umso geringer wird auch die Wahrscheinlichkeit solcher Listen. Wir haben keine Absicht, eine möglichst lange Liste zu machen. Es hat sich ja jetzt auch im Zusammenhang mit der Kooperation mit den Amerikanern gezeigt, dass es durchaus Interaktionsmöglichkeiten gibt, bei denen man vielleicht keine Listen braucht, jedenfalls nicht im Hinblick auf die Schweiz.

Frage: Frau Bundeskanzlerin, Sie haben gesagt, das Thema Automobil­industrie war nur am Rande Thema dieses Treffens. Dennoch müssen Sie derzeit eine Entscheidung bezüglich Opel finden. Das wird in Europa durchaus kritisch beäugt. Sind denn möglicherweise auch die Kollegen an Sie herangetreten, gerade im Hinblick auf den Stress, den es im Vorfeld für Herrn Sarkozy gegeben hat?

BK’in Merkel: Erstens. Die Kommission hat Leitlinien zum Umgang mit der Automobilindustrie in der Krise verabschiedet, und diese Leitlinien sind von uns allen begrüßt worden. Deshalb brauchten wir darüber auch keine ausführliche Debatte zu führen.

Zweitens gibt es natürlich spezifische Werksprobleme, zum Beispiel im Zusammenhang mit Opel. Es gibt betroffene Länder und Länder, die nicht betroffen sind. Auf mich ist etwa der belgische Kollege zugekommen, mit dem ich schon des Öfteren darüber gesprochen habe. Es wird, wenn der Plan von Opel näher analysiert worden ist, natürlich auch Gespräche geben, z. B. zwischen Spanien und Deutschland, zwischen Belgien und Deutschland, zwischen Großbritannien und Deutschland. Also hier werden die Kontakte sein. Aber wir konnten heute, als wir mit 27 Personen um den großen Tisch gesessen haben, nicht parallel noch ‑ wir mussten ja den anderen zuhören ‑ über Unterfragen diskutieren.

Aber es wird natürlich eine Behandlung des Themas Opel unter den betroffenen Ländern geben. Trotzdem glaube ich, ist es jetzt erst einmal wichtig, von deutscher Seite aus das Opel-Konzept zu analysieren. Der Bundeswirtschaftsminister trifft sich morgen mit der Opel-Führung und, so weit ich weiß, den Gewerkschaften. Dann plädiere ich dafür, dass wir einen klaren Arbeitsplan aufstellen. Der Bundes­wirtschaftsminister wird in die Vereinigten Staaten von Amerika fahren. Dort wird man auch darüber sprechen müssen: Wie können Ablösungen sein? Wie verhalten sich die amerikanischen Hilfen zu GM, zu dem, was in gewisser Weise die Loslösung von Opel aus dem GM-Verbund bedeutet?

Insoweit sind wir daran interessiert, jetzt möglichst schnell einen klaren Plan zu haben, damit wir Menschen, die natürlich auch Botschaften hören und Sicherheiten haben wollen, diese auf einer profunden Grundlage geben können.

Frage: Frau Merkel, können Sie uns sagen, wie eine Aufstockung der EIB-Kredite für Autobauer aussehen könnte?

Sie haben gesagt, Sie könnten sich bei ERM II durchaus vorstellen, dass man darüber diskutiert. Bislang müssen die Beitrittskandidaten zur Eurozone ja zwei Jahre darin bleiben. Um wie viel könnte diese Frist verkürzt werden?

BK’in Merkel: Nein, ich habe über keine Verkürzung von Fristen gesprochen, sondern ich habe darüber gesprochen, dass es den Wunsch z. B. Bulgariens gibt, der ERM II-Zone beizutreten. Dann muss festgestellt werden, ob die Kriterien erfüllt sind. Aber man sollte, wenn sie erfüllt sind, dieses durchaus tun und die Länder näher heranführen. Ich habe keine Änderung ‑ um das noch einmal ganz klar zu sagen – im Auge, weder vom Stabilitäts- und Wachstumspakt noch von den Kriterien, sondern ich denke, dass man es sich genau ansehen sollte, wenn die Kriterien erfüllt sind.

Was die EIB-Dinge anbelangt, das muss die Kommission im Zusammenhang mit den Anforderungen an die EIB entscheiden. Die Kommission arbeitet ja, wie Sie wissen, an einem zusätzlichen Konjunkturprogramm. Da sind immer 5 Milliarden Euro im Gespräch. Ich sage dazu: Das müssen Maßnahmen sein, die 2009 und 2010 wirken, genauso wie unsere Maßnahmenpakete. Ich sehe in den Plänen der Kommission noch Elemente, die nicht 2009 und 2010 wirken, oder Elemente, von denen ich glaube, dass sie privat finanziert würden. Ich denke z. B. an eine finanzielle Unterstützung von "Nabucco". Ich glaube, da besteht überhaupt kein Bedarf. Es gibt genügend private Anbieter. Das Problem von "Nabucco" ist, woher das Gas kommt, und nicht, dass es nicht genügend Investitionsgelder gibt.

Wenn es dann aber einen Zweig gibt, in dem vielleicht die Forderungen der Industrie höher sind als das, was wir im Augenblick befriedigen können, dann könnte ich mir vorstellen, dass das eine günstige Maßnahme wäre, die auch sofort von der Wirtschaft abgerufen würde.

Ich habe den Eindruck: Ähnlich wie die deutsche Abwrackprämie ist auch die Kreditvergabe der EIB für moderne Antriebstechnologien ein richtiger Renner in Europa. Dann sollte man im Rahmen dessen darüber nachdenken, was die Kommission jetzt plant.
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