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25.01.2008. 33.Sitzung des Deutschen Bundestages
(Plenarprotokoll 16/133)
- zu Protokoll -

Datenschutz bei RFID sicherstellen

Antrag von Bündnis 90/Die Grünen "Datenschutz bei der Verwendung von RFID-Chips sicherstellen" BT-Drs. 16/7138

Der Einsatz der RFID-Technologie schreitet immer weiter voran. Wir sehen die Potentiale dieser Zukunftstechnologie, verschließen aber gleichzeitig nicht die Augen vor den Risiken für die Endverbraucher.

Wir sehen die Verantwortung der Politik, die Anwendung der RFID-Technologie nicht ausschließlich dem Markt und der Wirtschaft zu überlassen. Die Politik muss Standards für Datenschutz und Verbraucherschutz setzen, wir fordern eine transparente Debatte über Chancen und Risiken dieser neuen Technologie.

Die ethischen Grenzen beim Einsatz der RFID-Technologie müssen gesetzt werden. Es ist nicht Science-Fiction, sondern konkrete Überlegung der britischen Regierung, verurteilten Straftätern RFID-Chips zu implantieren, um so die überfüllten Gefängnisse zu entlasten. Wir ziehen hier klar die Grenze: Chips zur Überwachung von Menschen zu implantieren ist mit der Menschenwürde nicht vereinbar.

Und - lassen Sie mich auch das gleich zu Beginn ansprechen- wir lehnen die Speicherung von biometrischen Fingerabdrücken im Personalausweis ab. Hier wird die gesamte Bevölkerung ab dem 16. Lebensjahr erkennungsdienstlich behandelt. Aus dem Identifikationsinstrument Ausweis, wird so schleichend ein Überwachungsinstrument. Wir sind nicht grundsätzlich gegen den Chip im Ausweis, aber auch hier gilt ähnlich wie bei der Gesundheitskarte: die Bürgerinnen und Bürger müssen über ihre Daten selbst bestimmen. Zusätzliche Funktionen im gesetzlich vorgeschriebenen Personalausweis wie elektronische Signatur zur Teilnahme am E-Government oder zur Identifikation bei online-Geschäften dürfen nur mit Zustimmung der Bürgerinnen und Bürger auf freiwilliger Basis aufgenommen werden.

Unser Hauptkritikpunkt richtet sich aber gegen den Einsatz von RFID-Chips im Einzelhandel. Wir fordern hier eine verbindliche und verlässliche Selbstverpflichtung der Wirtschaft zur Einhaltung von Datenschutz- und Verbraucherschutzstandards. Wir bringen hier einen Antrag in das Parlament ein, weil wir das deutliche Signal senden wollen: die Zeit für eine Selbstverpflichtung läuft ab. Eine technologiebezogene gesetzliche Regelung wird erforderlich, wenn die Wirtschaft jetzt nicht handelt. Die Untätigkeit der Bundesregierung hat hier zur Folge, dass eine Zukunftstechnologie nicht den Durchbruch erzielen wird, weil die erforderliche Akzeptanz der Verbraucherinnen und Verbraucher ohne Schutz der persönlichen Sphäre nicht erlangt werden kann.

Lassen Sie mich unsere wesentlichen Kritikpunkte noch einmal erläutern:

Durch die mögliche Verknüpfung von Warendaten mit Kundendaten z. B. über Kundenkarten können detaillierte individuelle Verhaltens- und Konsumprofile erstellt werden. Für die Daten auf den RFID-Chips, die auf den Waren angebracht sind, gibt es keine Löschungspflicht, das Bundesdatenschutzgesetz findet keine Anwendung, weil es nicht um personenbezogene Daten geht. Durch die eindeutige Seriennummer des Chips kann aber jeder Gegenstand eindeutig identifiziert werden. Wenn die Chips beim Verlassen des Ladens nicht deaktiviert werden, tragen wir diese Wareninformation mit uns herum. Der Chip im Anzug oder der Hose kann kontaktlos ausgelesen und der Kunde anhand des identifizierten Produkts etwa nach teuren oder billigen Produkten "klassifiziert" werden. Genau ein solches Verfahren hat sich kürzlich IBM patentieren lassen, um so passend für die Kunden bestimmte Produkte zu bewerben. Nach Medienberichten gehen die Überlegungen sogar soweit, den als "besonders kaufkräftig" identifizierten Kundinnen und Kunden besonders günstige Angebote zu offerieren. Die weniger Kaufkräftigen gehen dabei leer aus.

Das Forschungsinstitut für Rationalisierung (FIR) an der RWTH in Aachen hat zwei Studien zum Thema RFID durchgeführt. Auch diese Studien kommen zu dem Ergebnis: "Die Konsumenten fordern eindeutig, die Kontrolle über die eigenen Daten zu behalten."

Im Auftrag der Bundesregierung wird gemeinsam mit der Wirtschaft das Forschungsvorhaben "Trusted-RFID" gefördert. Ich sage hier für meine Fraktion ganz deutlich: Wir sind für ein Datenschutz-Gütesiegel auch für die Anwendung der RFID-Technologie. Aber mit der jetzt geplanten Mogelpackung werden Sie nicht durchkommen. Ein Konsortium von Produzenten und Anwendern der RFID-Chips mit Firmen wie Galeria Kaufhof oder X-ident technology GmgH und dem Frauenhofer Institut und der TÜV Informationstechnik GmbH will geeignete Kriterien für ein Datenschutzsiegel "geprüfte Datensicherheit bei der Anwendung von RFID-Technologie" entwickeln. Ein Datenschutzsiegel von der Wirtschaft für die Wirtschaft ohne Beteiligung des Bundesdatenschutzbeauftragten und ohne Beteiligung der Verbraucherschutzverbände wird keine Akzeptanz finden.

Wo Datenschutz drauf steht muss auch Datenschutz drin sein.

Die Mindeststandards sind in unserem Antrag benannt:

Wir erwarten eine Selbstverpflichtung der Wirtschaft, die durch unabhängige Stellen überprüft wird, einklagbar ist und mit Sanktionen, die wehtun, verbunden sind. RFID-Chips müssen deutlich sichtbar gekennzeichnet sein und es muss eine endgültige Deaktivierung der RFID-Chips an den Kassen der Geschäfte erfolgen. Konsumprofile dürfen nur aufgrund einer "opt-in"-Einwilligung der Kundinnen und Kunden erstellt werden. Wir fordern die Bundesregierung auf, sich auch auf europäischer Ebene für verbindliche Standards bei der Anwendung der RFID-Chips im Einzelhandel einzusetzen.

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Silke Stokar
Innenpolitische Sprecherin
Bundestagsfraktion Bündnis 90 / Die Grünen
Platz der Republik 1
11011 Berlin

Tel.: 0 30 / 2 27 - 7 21 22
Fax: 0 30 / 2 27 - 7 68 22

www.stokar.de

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