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Für die Zukunft unseres Planeten - Der Global Deal


Im Vorfeld der 15. Weltklimakonferenz in Kopenhagen im Dezember 2009 skizziert der britische Ökonom und Klimaexperte Nicholas Stern einen „Global Deal“ als Voraussetzung einer erfolgreichen Klimapolitik und gerechteren Ordnung der Weltwirtschaft.

Von Monika Thees

Die Zeit drängt, jede Verzögerung, jedes Nicht-Handeln oder ignorante Weitermachen wie bisher erhöht das Risiko. Gelingt es nicht, den weltweiten CO2-Ausstoß innerhalb der nächsten fünf Jahre drastisch zu reduzieren, so drohen irreversible Klimaveränderungen: Stürme, Dürren, Überflutungen, steigende Meeresspiegel, eine gewaltige Transformation der physischen Geografie der Erde - und in deren Folge eine nie zuvor gekannte Veränderung der Humangeografie. Massive Migrationsbewegungen, zunehmende Armut, globale Konflikte um knappe Ressourcen wären unausweichlich.

Der 4. Sachstandsbericht des Weltklimarats (IPCC) 2007 benannte es deutlich: Nur wenn es bis 2020 gelingt, den Trend bei der Emissionsentwicklung umzukehren, lässt sich der Klimawandel in einem beherrschbaren Rahmen halten, gerade noch. „Wir wissen, was zu tun ist; es geht um ungeheuer viel“, so der britische Ökonom und Klimaexperte Nicholas Stern. Es geht um uns, unsere Kinder und Enkel, um unseren gefährdeten Planeten.

Vom 7. bis 18. Dezember 2009 findet in Kopenhagen die 15. Weltklimakonferenz statt, auf der Agenda steht der Beschluss eines umfassenden Nachfolgeregimes für das 2012 auslaufende Kyoto-Protokoll von 1997. Soll der globale Temperaturanstieg auf maximal 2 Grad Celsius gegenüber dem vorindustriellen Niveau begrenzt werden, so müssen die globalen CO2-Emissionen bis 2020 ihren Höhepunkt erreichen und dann bis zur Mitte des Jahrhunderts gegenüber 1990 mindestens halbiert werden, um eine zumutbare Konzentration aller Kyoto-Gase unter 450 ppm (jetzt bereits 430 ppm) zu stabilisieren.

Dies erfordert einen breiten Konsens und entschlossenes Handeln. „Das Kopenhagener Abkommen muss ehrgeiziger, internationaler und stärker sein“ als sein Vorgänger, schreibt Nicholas Stern. Der ehemalige Chefökonom der Weltbank skizziert in seinem Buch „Der Global Deal“ ein detailliertes Szenario, einen Fahrplan für die Zukunft, der ökologische, wirtschaftliche und soziale Kriterien mit einbezieht. Er zeigt klar und auch für Nicht-Ökonomen verständlich, wie Entwicklungs- und Klimapolitik zusammenhängen, welche Maßnahmen ergriffen und wie welche Aufgaben wirksam, effizient und gerecht verteilt werden müssen.

Nicholas Sterns Wort hat Gewicht in der klimapolitischen Debatte, seitdem er 2006 im Auftrag der britischen Regierung unter Tony Blair seinen Bericht „The Economics of Climate Change“, kurz: „Stern-Report“, vorgelegt hat und darin erstmals die ökonomischen Kosten des Klimawandels bezifferte. Er rechnete komplexe physikalische Prozesse in Geld um, stellte die Schäden der globalen Erwärmung (bis zu 5,5 Billionen Euro = 20 Prozent des jährlichen BIP) ihrer Vermeidung (1 Prozent des BIP) gegenüber und bewies damit die Wirtschaftlichkeit entschiedener CO2-Reduktion.

Inzwischen räumt er ein, und aktuelle, wissenschaftlich bestätigte Daten belegen es, dass der „Stern-Report“ 2006 zu vorsichtig Schwere und Tempo des Klimawandels ansetzte. Nach neueren Schätzungen Sterns wären inzwischen bereits 2 Prozent des jährlichen BIP zu investieren, um einer beschleunigten globalen Erwärmung gegenzusteuern. Doch fest steht: Investitionen in emissionsvermeidende Verfahren und CO2-arme Energien sind um vieles kostengünstiger als bedenkenloses Business as usual.

Klimapolitisches Handeln ist ein Wettlauf mit der Zeit wie auch eine Frage volkswirtschaftlicher Rationalität, und Nicholas Stern misst diese mit den ökonomisch relevanten Kriterien von Effektivität und Effizienz. „Im Zentrum der Wirtschaftspolitik muss die Erkenntnis stehen, dass die Emission von Treibhausgasen ein Marktversagen bedeutet“, ein Marktversagen sondergleichen, das ethische Werte, kollektive Verantwortung und Langfristigkeit mit einschließt - und das sich global auswirkt. Mit unterschiedlichen Belastungen. Die armen Länder, am wenigsten verantwortlich für die bestehenden Treibhausgaskonzentrationen, werden (bereits jetzt) vom Klimawandel am schnellsten und am härtesten getroffen. Hier greift, nicht nur laut Stern, eine ethisch begründete Verpflichtung: Die Industrieländer als Hauptverursacher des Klimawandels müssen die Entwicklungsländer technisch und finanziell unterstützen. Die Armutsbekämpfung in den Ländern der dritten Welt ist zu koppeln an eine CO2-arme Entwicklung mit notwendiger Anpassungsunterstützung.

„Wie wir dem Klimawandel begegnen und ein neues Zeitalter von Wachstum und Wohlstand schaffen“, der Untertitel des mit der CORINE - Internationaler Buchpreis 2009 (Focus Zukunftspreis) prämierten Buches gibt die Richtung vor und er stimmt optimistisch. Es gibt keine, wenn, dann nur eine aus kurzfristigen Wettbewerbsinteressen behauptete, Konkurrenz zwischen Entwicklung und Klimaschutz: Nach Nicholas Stern werden in den nächsten Jahrzehnten neue Technologien und Investitionschancen in CO2-arme und erneuerbare Energien die wichtigsten Triebfedern für nachhaltiges Wachstum sein. Die Politik muss den Rahmen setzen, es geht um Anreizstrukturen, effiziente CO2-Märkte und Technologietransfer und um den Willen der internationalen Staatengemeinschaft, sich auf verbindliche Ziele und Maßnahmen zu einigen.

Nicholas Stern entwirft die Struktur eines globalen Deals und benennt dessen Schlüsselelemente, wie konkrete Emissionsziele, wirksamer Emissionshandel und Technologieförderung, und er appelliert an uns, die Bürger, an Wirtschafts- sowie an politische Entscheidungsträger, die beiden großen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts, Klimawandel und globale Armut, aktiv anzunehmen und stark und wirksam auf sie zu reagieren. Dass es kein einfacher Weg ist, wissen wir, aber wir brauchen starke Ziele. „Eine sichere, saubere, leisere Welt mit mehr biologischer Vielfalt und wachsenden Einkommen“ ist für alle erstrebenswert, dagegen steht eine zunehmend lebensfeindlichere Umwelt mit destabilisierten Staaten und harten Verteilungskämpfen.

Die Weichenstellungen für eine lebbare Zukunft müssen wir jetzt auf den Weg bringen, jede Verzögerung bedeutet eine Erhöhung der CO2-Konzentration und damit einen schwierigeren Ausgangspunkt für späteres Handeln. Die Kosten sind (jetzt noch) tragbar und akzeptabel im Verhältnis zur Risikosenkung. Über Details und konkrete Maßnahmenpakete lässt sich verhandeln, nicht verhandeln lässt sich über die Dynamik eines unkontrollierten Klimawandels, er folgt einer erbarmungslosen und letztlich nicht beherrschbaren Logik. Die Verhandlungen in Kopenhagen werden schwierig, denn die Industriestaaten fürchten um ihre Wettbewerbsfähigkeit, die Entwicklungsländer eine Behinderung ihrer wirtschaftlichen Entwicklung, Kurzsichtige setzen auf die Priorität der jetzigen Finanz- und Wirtschaftskrise.

Nicholas Sterns Fahrplan eines effektiven, effizienten und gerechten „Global Deal“ zeigt einen gangbaren, realistischen und von Verantwortung sowie Vernunft getragenen Weg. Wenn wir ihm folgen, besteht eine gute Chance, klimapolitisch erfolgreich zu handeln, gemeinsam, solidarisch und mit Maß, so, wie es die Lage unseres Planeten dringlich erfordert.

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