Sie sind hier: Annette Czerny
Zurück zu: Redaktion
Allgemein: Kontakt / Redaktion Skellettsicht FAQ Umfragen Politik in Bildern Impressum

Suchen nach:

Im Wachsfigurenkabinett bei Madame Tussauds

Zu Besuch bei Madame Tussauds


Von Annette Czerny (ac)

Eine Menschenmasse von rund 100 Personen steht in einer langen Schlange bei strömenden Regen an einer Hauswand. Ich bin eine von ihnen und warte auf den Einlass.

Stück für Stück komme ich dem Haus mit der roten Markise und der gelben Aufschrift näher. Endlich ist es so weit, mein Blick auf die Uhr verrät, es ist 16 Uhr, nach anderthalb Stunden Wartezeit stehe ich am Ticketschalter von Madame Tussauds Wachsfigurenkabinett. Hier in der Eingangszone begrüßt Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit die neugierigen Besucher.

Abbildung: Klaus Wowereit - Berlins Regierender Bürgermeister (Foto: Andrea Czerny, August 2008)

Das berühmte Wachsfigurenkabinett steht bereits in den Weltstädten London, New York und Washington D.C. Am Samstag, den 5. Juli 2008, eröffnete auf dem Berliner Boulevard Unter den Linden die achte Taussauds-Filiale. Im Frühjahr 2009 soll in Hollywood eine weitere öffnen.

In zwei Etagen auf 2.500 Quadratmetern verteilt, lernen die Besucher 75 nationale und internationale, lebende oder verstorbene Persönlichkeiten aus acht Kategorien, kennen.

Nachdem ich mein Ticket für 18,50 Euro gelöst habe, beginne ich meinen Rundgang in der frühen Geschichte und Politik: Zuerst begegnet mir der erste Reichskanzler des Deutschen Kaiserreichs, Otto von Bismarck, der um 1874 regierte. Ein schmaler Gang führt mich in einen großen Raum, wo der Philosoph Karl Marx (1818-1883) und die Widerstandskämpferin Sophie Scholl, die 1944 hingerichtet wurde, zu sehen sind. In der Ecke steht ein Schreibtisch, allerdings fehlt dort die dazugehörige Person. Bei der Eröffnung am 5. Juli riss nämlich ein Besucher der Wachsfigur von Adolf Hitler den Kopf ab. Laut einer Pressesprecherin des Tussauds Museums wird es noch Wochen dauern, bis die Figur wieder aufgestellt werden kann.

Abbildung: Otto von Bismarck - Erster Deutscher Reichskanzler, um 1874. (Foto: Annette Czerny)

Mit einem Schritt um die Ecke stehe ich bei den mächtigsten Politikern der vergangenen 60 Jahre deutscher Geschichte. Es geht vorbei an den ehemaligen Bundeskanzlern Konrad Adenauer, Willy Brandt und Helmut Schmidt. Mein Blick fällt dann auf John F. Kennedy, der 35. Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika. Im Monitor an der Wand neben seiner Figur lese und höre ich die berühmte Rede vor dem Schöneberger Rathaus mit den unvergesslichen Worten: „Ich bin ein Berliner“.

Abbildung: John F. Kennedy - mit DS-Autorin Annette Czerny. (Foto: Andrea Czerny)


Geradeaus vor der Spiegelwand wartet die amtierende Bundeskanzlerin Angela Merkel auf ihre Gäste. Ich lasse mich mit ihr fotografieren und gehe weiter auf die andere Seite zu den amtierenden Präsidenten der USA und Frankreich.

Als ich diesen Raum verlasse, werde ich in einer kleinen Ecke von Papst Benedikt XVI. verabschiedet. Nun geht es ein paar Treppenstufen nach oben, in die zweite Etage zum Raum der Kulturen. Die Komponisten Ludwig van Beethoven und Johann Sebastian Bach laden zu diesem Themenbereich ein.

Abbildung: Dr. Angela Merkel - erste deutsche Bundeskanzlerin. (Foto: acz)

Beim Tiefenpsychologen Sigmund Freud nehme ich kurz Platz für ein Erinnerungsfoto. Danach begegnen mir der Wissenschaftler Albert Einstein, der Autor Günter Grass sowie der Theaterregisseur Berthold Brecht auf meinem Rundgang. Vom Scheinwerferlicht hell erleuchtet und in einem traumhaft gelben Abendkleid steht Romy Schneider in ihrer Paraderolle als Kaiserin Elisabeth von Österreich oder besser bekannt als Sissy, vor mir. Vor dem nächsten Themengebiet werden die Besucher über die Geschichte der Madame Tussauds informiert und erfahren Details zur Herstellung der wertvollen Wachsfiguren.

Abbildung: Schauspielerin Romy Schneider (+) - in der Rolle als Königin Elisabeth (Sissy). (Foto: acz)

Zum Leben der Gründerin Madame Tussauds

Am 12. Dezember 1761 wurde Madame Tussauds, mit bürgerlichem Namen Marie Grosholtz, als Tochter einer Haushälterin und dem elsässischen Offizier Joseph Grosholtz in Straßburg geboren. Zwei Monate vor ihrer Geburt fiel Joseph im Siebenjährigen Krieg. Im Jahre 1766 zog Marie mit ihrer Mutter nach Paris zu ihrem Onkel Philipp Curtius, der dort als Wachsbossierer arbeitete und mit seinen Figuren über die Jahrmärkte zog.

Von ihrem Onkel erlernte Marie das Handwerk und modellierte im Jahr 1777 den berühmten Schriftsteller Francois Voltaire (1694-1778). König Ludwig XVI. wurde auf Marie aufmerksam und holte sie 1780 an den königlichen Hof in Versailles. Marie wird die Kunstlehrerin seiner Schwester Prinzessin Elisabeth. Die junge Marie und ihre Mutter wurden 1793 im berüchtigten Laforce Gefängnis inhaftiert, wenige Monate nach ihrer Freilassung sollte sie ihre Loyalität beweisen und Abdrücke der Köpfe Hingerichteter anfertigen. Als ihr Onkel im Jahr 1794 starb, erbte Marie dessen Wachsfigurenausstellung und heiratete ein Jahr später den Offizier Francois Tussauds, mit dem sie zwei Söhne, Joseph und Francois, hatte.

1802 ließ Marie sich von ihrem Mann scheiden und reiste mit ihren beiden Söhnen auf Jahrmärkten herum, wo sie ihre Sammlung vorstellte. Nachdem sie gutes Geld verdiente, eröffnete Marie 1835 ihr erstes Wachsfigurenmuseum in der Londoner Baker Street, wo es heute noch steht. Sie stellte eine bunte Mischung aus Prominenten und Verbrechern aus, insgesamt fand die Sammlung einen großen, bis heute anhaltenden, Zuspruch. Am 16. April 1850 verstarb Madame Tussauds im Alter von 89 Jahren in London.

Abbildung: Rundgang im Wachsfigurenkabinett Tussauds -

Hinter den Kulissen

Bevor eine Figur ausgestellt werden kann, bedarf es eine Menge Zeit und Arbeit. Der Blick hinter die Kulissen ermöglicht den Besuchern, alles über die Herstellung zu erfahren. Der erste Schritt, besteht aus einem persönlichen Treffen mit der in Wachs abzubildenden Person. Mit einem Maßband werden rund 226 Maße genommen und über 150 Fotos von Kopf und Körper aus unterschiedlichen Blickwinkeln gemacht. Um verstorbene nach zubilden greifen die Kunsthandwerker auf moderne Computersimulationen zurück.

Anhand der Maße und Fotos wird ein Metallskelett angefertigt auf das die Körperform aus Ton und später aus Gips modelliert wird. Bereits den Kopf herzustellen, dauert bis zu sechs Wochen. Heißes Wachs wird in fertige Formen gegossen, ausgehärtet und wieder herausgeholt. Die so angefertigten einzelnen Körperteile sind bereit für den letzten Schliff. Der Kopf wird beispielsweise mit Farbe, Augen und Haaren versehen. Die Augen werden aus Acrylglas hergestellt, die Haare sind aus menschlichem Echthaar, das Strähne für Strähne einzeln eingestochen wird. Die Farbe wird äußerst vorsichtig aufgetragen, um das Gesicht und die Gesichtszüge so lebendig wie möglich erscheinen zu lassen. Sind die Figuren fertig gestellt, wird die passende Kleidung ausgewählt. Eine Tradition bei Madame Tussauds ist es, dass die Prominenten für ihr Abbild ein paar Stücke selbst getragener Kleidung spenden.

Beim Rundgang werden die Museumsgäste von den Fußballlegenden Uwe Seeler und Franz Beckenbauer im Sportbereich empfangen. Interaktiv trete ich gegen den ehemaligen Bayern München Torwart Oliver Kahn beim Elfmeterschießen an. Gegen die Tennislegende und Wimbledonsieger Boris Becker versuche ich mein Glück beim Tennis. Auf das Siegertreppchen komme ich zwar nicht, aber dafür gibt es noch ein Foto mit dem Fußballweltmeister von 1990 Jürgen Klinsmann.

Weiter geht es nun in ein kleines Studio, wo schon die Moderatoren Thomas Gottschalk und Günther Jauch warten. Ich nehme Platz bei Showmaster Jauch, zocke mit im um die eine Million Euro, dann mache ich eine Verschnaufpause auf der weißen Wetten-Dass-Couch bei Thomas Gottschalk.

Weiter geht es zu den größten Musiklegenden der vergangenen 60 Jahre. Die britische Popgruppe The Beatles, die 1962 mit ihrer Single Love Me Do ihren Durchbruch feierte oder der King of Pop Michael Jackson, sind hier zu bestaunen. Einer darf natürlich nicht fehlen: Elvis Presley. Er lächelt freundlich in seiner Uniform, in der er am 1. Oktober 1958 in Bremerhaven ankam und später in Bad Nauheim stationiert wurde, um dort seinen Wehrdienst zu leisten. Als krönenden Abschluss werde ich noch auf eine Promi-Party eingeladen, so nennt sich der letzte Themenbereich. Neben dem berühmtesten Traumpaar Hollywoods Angelina Jolie und Brad Pitt, begegnen mir auch die Schauspieler Tom Cruise und Nicole Kidman und etwas abseits, Leonardo di Caprio, der 1997 in dem Oscar gekrönten Film Titanic mitspielte.

Gegenüber, entdecke ich Robbie Williams, und nehme sogleich an seiner Seite auf dem roten Sofa für ein Foto Platz. Dieser Raum ist voller Überraschungen, da man in jeder Ecke einen anderen Prominenten trifft und durch das passende Neonlicht fühlt man sich wirklich wie auf einer richtigen Party. Kurz, bevor ich zum Ausgang gehe, fällt mir in der linken Ecke eine Vielzahl von weiblichen Besucherrinnen auf, die sich alle um einen runden Tisch versammelten. Langsam gehe ich auf den Tisch zu, stelle mich zu den Wartenden und erkenne, hier verabschiedet Frauenschwarm George Clooney die Besucher. Geduldig warte auf mein persönliches Foto mit George.

Nach ein paar Minuten darf ich endlich neben ihm sitzen für ein letztes Erinnerungsfoto, denn nach über zwei Stunden ist mein Rundgang bei Madame Tussauds beendet. Ein paar Treppenstufen führen mich ins Untergeschoss in den Souvenirshop des Museums. Hier haben die Besucher die Möglichkeit, Fanartikel des Madame Tussauds Museums käuflich zu erwerben.

Ich bin total begeistert von dem Wachsfigurenkabinett und kaufe mir zur Erinnerung noch eine Filmklappe. Für jeden Touristen und Berliner ist der Besuch bei Madame Tussauds auf jeden Fall ein Muss. (ac)

Öffnungszeiten:


Täglich von 10 – 19 Uhr (letzter Einlass um 18 Uhr)

Eintrittspreise:
Erwachsene 18,50 Euro
Kinder (3 – 14 Jahre) 13,50 Euro
Ermäßigungen für Schüler, Studenten und Senioren

Adresse:
Madame Tussauds
Unter den Linden 74
10117 Berlin
Telefon: 030 / 4000 460 0



Zurück zur Titelseite

Gehe zu: Sterbehilfe – Eintagsfliege oder Normalität? Umfrage: Was halten sie von Sterbehilfe?