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Berlin, 12./13.8.2009. Das Mehrgenerationenhaus macht Sinn, es schließt Lücken in der modernen Gesellschaft. Zwischen Jung und Alt, zwischen Zugezogenen und Einheimischen, zwischen kulturell unterschiedlich ausgebildete Männern, Frauen und Kindern, die sich dafür entschieden haben zusammen zu kochen, zu essen, zu arbeiten und beim Zusammensein voneinander zu lernen. Ein Mehrgenerationenhaus ist eine Verbandseinrichtung, die Kindergarten, Hort- und Schulprojekte unter einem Dach vereint und die ältere Generation mit einbindet, denn die „Älteren und ihre Erfahrung werden gebraucht“, betont Familienministerin Ursula von der Leyen (CDU) bei ihrem Besuch in Berlin-Moabit am Mittwochnachmittag.

Genau da, wo am anderen Ende der Straße am Morgen zuvor, unbekannte Räuber die Panzerglasscheiben des ansässigen Leihhauses gewaltsam durchbrechen wollten, was ihnen jedoch misslang, krabbeln Babies auf den Fußböden in der Kantine im SOS-Kinderdorf um die Stuhlbeine oder im oberen Stockwerk um die Füße der Journalisten herum. Sie dürfen sich im Mehrgenerationenhaus entlang tasten, wo sie wollen, die Mama, der Papa ist nicht weit.

Ab fünfzehn Uhr sind über 200 Gäste in der Cafeteria. Tischweise mit Omas belegt, Opas sind rarer gesät, dafür Erzieher und Erzieherinnen und anderes fachliche Personal, wie die Logopädin, der Sozialarbeiter, die Musiker. Die stehen nicht täglich alle gleichzeitig auf dem Stundenplan, aber heute kommt Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen und so wandern sie mit der zierlichen Ministerin eine Stunde lang durch die Räume ihres SOS-Kinderdorfes, das seit März 2008 offiziell ein Mehrgenerationenhaus (MGH) ist und, wie 199 andere MGH in Deutschland, mit 40.000 Euro vom Europäischen Sozialfonds (ESF) zusätzlich fünf Jahre lang gefördert wird.

Die Bundesregierung, Feder führend das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ), hat vor über einem Jahr extra das „Aktionsprogramm Mehrgenerationenhäuser“ zusammengerufen. Insgesamt 500 gibt es aktuell in der ganzen Bundesrepublik, neun Häuser stehen in der Hauptstadt Berlin.

Mehrgenerationenhäuser sind die beste Lösung auf die strukturellen Defizite einer modernen Städtegesellschaft kurz- und langfristig anzupacken, ist sich Ministerin von der Leyen sicher und man mag ihr recht geben: Da sitzt am runden Tisch gleich neben der Ministerin ein Elternpaar, die hier neu in Moabit sind und noch nicht wissen, ob sie hier bleiben werden. Den Säugling nimmt mal der Papa, mal die Mama auf die Arme, beide sind über 35 Jahre alte Ersteltern, sehen aus wie Bio-Deutsche, sprechen gelassenes Hochdeutsch. Das in die Hände Klatschen der Besucher nach einer Rede, beunruhigt den jungen Erdbewohner, er zieht sein rötliches Gesichtchen an der Stirn kraus und sein Papa sagt ganz leise: „Na, das Klatschen kennst Du noch nicht so“. Die Mama möchte nach einem Jahr Pause, ab nächstes Jahr, wieder ihre Lohnarbeit aufnehmen. Sie ist über das vielfältige Angebot an Kinderbetreuungseinrichtungen in Berlin hoch zufrieden, ganz besonderes in Moabit, wo in fast jeder Straße eine private oder staatliche Krabbelgruppe bis hin zum Vorschulalter meistens von sieben Uhr in der früh bis abends um 19 Uhr von den berufstätigen Eltern genutzt werden können. Aktuell gibt es eine Baustelle in der Jargostraße, wo wieder ein Kindergarten einziehen wird.

Lange Öffnungszeiten sind für das SOS-Familienhaus selbstverständlich, erfuhr der Bundestagsabgeordnete und finanzpolitische Sprecher der SPD-Fraktion Jörg-Otto Spiller beim Rundgang im oberen Stockwerk von der Leiterin der Pädagogischsozialen Abteilung, Gabriele Annen. Spiller stellte sich schnelle entschlossen mit auf das Gruppenfoto, der ansonsten CDU geführten Aktionstruppe, die Bezirkspolitiker Volker Liepelt von der CDU-Berlin-Mitte ins Mehrgenerationenhaus einlud. Eine Tür weiter, gleich nach der Cafeteria, tut sich ein zwanzig Meter langer, heller Gang auf, der am Ende in eine Außenanlage mündet. In der Mitte führt eine breite Treppe in den ersten Stock, links sind die Toiletten- und Waschräume der jungen Erdbewohner, die Erwachsenen ungefähr bis zum Bauchnabel reichen und sich beim Zähneputzen gruppenweise zusehen können, da es zwei Gemeinschaftswaschbecken aus Alustahl gibt, um die herum fünf Kinder sich gleichzeitig waschen können. „Da können sie sich beim Zähneputzen gegenseitig korrigieren: So macht man das aber nicht“, sagte eine Fernsehjournalistin vor Ort.

Der erste Raum rechts nach der Cafeteria führt in die so genannte Bewegungsbaustelle. Das steht auch in großen Acrylbuchstaben auf einem Banner über dem Fenster mit Blick in den Hof. Die CDU-Ministerin hielt sich gefühlte zehn Minuten auf, ließ sich das familienpädagogische Konzept erklären und Erwachsene und Kinder vormachen, wie man sich hier bewegen kann. Die Ministerin machte alles mit. Es handele sich zwar um „ein Lust orientiertes, offenes Angebot“, sagte Gabriele Annen draußen vor der Tür, aber es ist auch Bestandteil eines wöchentlichen Kurses im Familienprogramm. „Aha“, sagte der Berliner SPD-Bundestagsabgeordnete Spiller, der ebenfalls vor der Türe wartete, “da geht das nicht: Prima, da kann ich die Kinder abgegeben“, da müssen die Eltern mit ran.

In den Gängen im ersten Stock riecht es stark nach frischer Farbe. Tatsächlich „müssen hier jedes Jahr alle Wände neu geweißt werden, das ist auf jeden Fall nötig“, sagte Gabriele Annen.

Der Hof des Kinderdorfes ähnelt einem professionellen Freizeitpark mit Spielplätzen, viel Sand, einem Waden hohen, wasserlosen Springbrunnen, über den ein Fotograf fiel, ohne Beschädigungen aber schnell wieder aufstand, einer Mehrpersonenschaukel im Mittelpunkt, auf der während der Besuchszeit fünf Kinder über zwei Meter hoch schaukelten. Dahinter ist der Gemüse- und Kleinobstgarten zu sehen und rechts daneben ein Hühnerstall aus Maschendraht, zeigte Gabriele Annen mit ihrer Armbewegung. „Wir haben eine Küche, dafür verwenden wir die Eier“, hören wir Hausleiterin Kirsten Spiewack sagen, die mit der Ministerin, ein paar Kindern und politischen Vertretern der ortsansässigen CDU- und SPD-Parteien sowie dem Dutzend Pressevertretern am Zaun des Hühnergeheges hockten.

„Das Gemüse wird selbst von den Kindern unter Anleitung gesät, gepflegt und geerntet- und landet in den Kochtöpfen“ des SOS-Kinderdorfes, sagte Annen. Diese beiden Natur- und Lebensmittelproduktionsareale hat das Mehrgenerationenhaus Gabriele Spießhäuser zu verdanken, so die Abteilungsleiterin Gabriele Annen weiter: „Die vorhin wegen ihres ehrenamtlichen Engagements“ mit einem Kunstwerk von den Kindern und ganz viel Lob vor der geladenen Öffentlichkeit, darunter Bundesministerin von der Leyen, geehrt wurde.

Mut und Kompetenz als soziales Kapital
Die SOS-Kinderdorfbetreiber „haben ganz viel Mut bewiesen“, sagte Familienministerin von der Leyen in ihrer Ansprache um 15.15 Uhr, weil sie auf die unterschiedlichen Bedürfnisse der Generationen und den Bedarf vor Ort eingegangen sind, um „das ganz normale Leben“ zu leben, sich auszutauschen unter den Generationen über die Trotzphase eines Kindes, der mit den Füßen stampft, weil er etwas nicht darf oder dem Teenager der „mir sagt, wie peinlich ich bin“ und das müssen die Besucher eines Mehrgenerationenhaus austauschen können, dass das ganz normale Kinderentwicklungen sind, und „mein Kind sich da ganz normal verhält“, sagte von der Leyen, man müsse das wissen, um sich als Elternteil damit zurecht zu finden. Das MHG „ist eine Dienstleistungsdrehscheibe, die das Miteinander der Generationen intensiviert“, heißt es in einer Pressemitteilung des Bundesfamilienministeriums und es sei insgesamt wirtschaftlicher, als wenn staatliche Verwaltungen die ganze Finanzierung vieler Einzelner übernehmen müssten, sagte die CDU-Ministerin. In einem Interview gegen Ende der Veranstaltung um 16 Uhr sagte von der Leyen: Es „ist in Moabit an allen Ecken und Enden spürbar“, dass ein Mehrgenerationenhaus angenommen und aufgesucht wird. (fs)

Weiterführendes:

Tatjana König, Projektleitung Aktionsprogramm der Mehrgenerationenhäuser Scholz&Friends Agenda, E-Mail: tatjana.koenig@mehrgenerationenhaeuser.de, www.» mehrgenerationenhaeuser.de .

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