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Mehr Empathie der Mitbürger für Soldaten

(Foto: stj)


Ex-Wehrbeauftragter Robbe fordert stärkere Solidarität der Bevölkerung mit „Parlaments-Armee im Einsatz“

Von Stefan Jalowy

Berlin, 27.05.2010. „Die Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr im Einsatz in Afghanistan haben es verdient, mehr Empathie von der Bevölkerung zu bekommen.“ Das forderte gestern Abend erneut Reinhold Robbe (SPD, rechts im Bild) anlässlich einer Podiumsdiskussion in der Berliner „Urania“. Der ehemalige Wehrbeauftragte des Deutschen Bundestages forderte auch die Politik auf, sich stärker und deutlicher hinter die Männer und Frauen in Uniform zu stellen: “Wir dürfen nicht vergessen, dass die Bundeswehr nicht aus Jux und Dollerei, sondern vom Parlament in den Einsatz geschickt wurde.“ An der Diskussion anlässlich der Veröffentlichung eines neuen Buches über den traumatisierenden Bundeswehreinsatz in Afghanistan („Ich krieg mich nicht mehr unter Kontrolle“, Fackelträger-Verlag) nahm neben zwei Afghanistan-Veteranen (und Mit-Autoren des Buches) auch Oberstabsarzt Dr. med. Peter Zimmermann teil. Der Psychiater ist kommissarischer Leiter des neu eingerichteten Traumatologie-Zentrums am Berliner Bundeswehrkrankenhaus.

„Zu den wichtigsten Faktoren bei der Entstehung der „Posttraumatischen Belastungsstörung“ (PTBS) gehört die Güte der sozialen Unterstützung im sozialen Umfeld – also in der Familie, unter Freunden und in der Einheit selbst“, stellt der Bundeswehr-Psychiater fest. In seinem Zentrum soll künftig nicht nur Grundlagenforschung zu den Ursachen der PTBS betrieben werden, sondern auch Strategien zur Prävention und Behandlung von Traumaerkrankungen bei Soldaten betrieben werden. „Wir verzeichnen eine Trendwende bei PTBS“, erklärte Zimmermann. „Noch vor fünf Jahren wurden traumatische Störungen mehr versteckt und es wurde sich dafür regelrecht geschämt.“ Allerdings sieht der Trauma-Spezialist die Perspektiven seiner Tätigkeit realistisch: „Das primäre Ziel ist es, die PTBS-Patienten gesund zu machen – nicht fit für den Einsatz.“

Doch gerade in einer auch auf die psychische Belastbarkeit ausgerichteten Einsatzvorbereitung ortet Uwe Lampe, Oberstleutnant der Reserve und im Zivilberuf Geschäftsführer einer Vermögensverwaltung, eine unbedingte Zukunftsaufgabe für die Bundeswehr. „Wir haben unsere Soldaten noch nicht soweit zu Kriegern ausgebildet, dass sie das aushalten“, folgert der bei seinen Afghanistaneinsätzen auch als Verbindungsoffizier der ISAF zur Deutschen Botschaft in Kabul tätig gewesene Banker. „Die männliche Bevölkerung in Afghanistan weiß wofür sie kämpft. Bei uns ist das in Frage zu stellen.“ Seine Entscheidung für den Einsatz in Afghanistan sei von „Abenteuerlust und auch ganz klar auch dem Geld“ beeinflusst gewesen, bekennt Sebastian Ohme. Der zuletzt mit dem Dienstgrad Stabsgefreiter zweimal als ISAF-Soldat in Afghanistan eingesetzte junge Veteran erlebte selbst die Folgen des Einsatztraumas. Bei einem Supermarkteinkauf kippte in der Nähe eine Euro-Palette mit lautem Knall um – Ohme reagierte wie bei seinen Patrouilleneinsätzen in Kabul und ging in Deckung. Dennoch ist er überzeugt, seine Belastungsstörung mit einem einfachen Hausrezept in den Griff bekommen zu haben: „Einfach mal den harten Kerl beiseite lassen – dann geht die Meise weg.“

Dennoch sehen die meisten Teilnehmer der Podiumsdiskussion einen Zusammenhang zwischen der teilweise zu hohen psychischen Belastung von deutschen Soldatinnen und Soldaten im ISAF-Einsatz und der nicht eindeutig beantworteten Sinnfrage dieser Auslandsmission. „Wir sind mit dieser Frage viel zu defensiv umgegangen“, ist Reinhold Robbe überzeugt. „Und so stehen in der Öffentlichkeit wie auch in der Truppe mehr Fragen als Antworten unbeantwortet im Raum. Wie findet denn vernetzte Sicherheit denn real statt? Die Zusammenarbeit ist nie so optimal, wie sie immer verkauft wird. Auch nicht mit den Verbündeten und vor allem nicht mit den Amerikanern.“ Der hochrangige Reserveoffizier Lampe wird deutlicher: „Die Politik muss Antworten geben – die Politik hat die Antworten aber nicht. Die Antworten hat das Militär – aber die dürfen nix sagen.“

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