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Die verdoppelten Christdemokraten

Kommunalwahl Nordost: Warum die CDU in Bad Doberan gleich zwei Wahllisten erstellt hat

Von Helmut Lorscheid

Womöglich muss am Ende ein Gericht entscheiden, welche der konkurrierenden Wahllisten der Bad Doberaner Union die gültige ist. Hinter dem CDU-Chaos sehen viele den Einfluss des Heiligendamm-Eigners Anno August Jagdfeld.

Wer in diesen Tagen mit Doberaner Kommunalpolitikern spricht, erfährt merkwürdige Dinge – besonders, wenn es Christdemokraten sind. Die CDU im Landkreis scheint sich nämlich verdoppelt zu haben. In seiner Sitzung am 24. April stand der Doberaner Kreiswahlausschuss vor der seltenen Frage, welche von zwei teilweise konkurrierenden Kandidatenlisten der örtlichen CDU für die Kommunalwahl am 7. Juni 2009 gültig ist. Pragmatisch entschied sich das Gremium für die zuerst eingereichte Liste – auf der beispielsweise Andreas Unterfranz fehlt, der noch amtierende CDU-Fraktionsvorsitzende in der Stadtvertretung Bad Doberans. Auf einer konkurrierenden Liste, die auf einer Kreismitgliederversammlung der CDU bestimmt wurde, ist Unterfranz dagegen vertreten – wie auch einige andere, die auf der ersten Liste fehlen.

Kreischef gegen Stadt-CDU

Nun werden wohl Gerichte entscheiden müssen, wer in Bad Doberan die legitimen CDU-Kandidaten sind. In einer geharnischten Erklärung des Kreisvorsitzenden Peter Stein heißt es, der Kreiswahlausschuss habe »einen Wahlvorschlag einiger Mitglieder des CDU-Ortsverbandes Bad Doberan gewähren lassen, der gröblich demokratische Wahlgrundsätze verletzt«. Anwesende CDU-Mitglieder seien von der Aufstellung der Kandidaten ausgeschlossen worden. »Das innerparteiliche Demokratieprinzip, das im Grundgesetz verankert ist, wurde mit Füßen getreten.« Der Kreiswahlausschuss, ärgert sich Stein, habe das auch noch legitimiert. Der CDU-Kreisverband behalte sich »weitere rechtliche Schritte« vor.

Hinter dem seltsamen Zerwürfnis sehen viele in Bad Doberan den langen Arm von Anno August Jagdfeld, dem Eigner des durch den G 8-Gipfel bekanntgewordenen Hotelkomplexes in Bad Doberan. Der auf der ersten Wahlliste fehlende Andreas Unterfranz gilt nämlich als Kritiker des Hotelmannes. Er widersetzte sich etwa dem Bau einer Tiefgarage für den Hotelkomplex und der Sperrung weiterer Wege in Heiligendamm, die sich Jagdfeld gewünscht hatte.

Nahrung bekommt die Annahme, dass Unterfranz' Fehlen auf der ersten Liste mit dem Einfluss Jagdfelds zu tun haben könnte, durch ein Schreiben der CDU-Stadtvorsitzenden Caroline Brandt an Kreischef Stein. Es sei »sehr bedauerlich«, heißt es dort offenbar mit Bezug auf Unterfranz, »dass gerade jemand unterstützt wird, der in den letzten Tagen ohne Äußerung von sachlichen und objektiven Gründen Investitionen in Millionenhöhe in M-V als CDU-Mitglied verhindert. (...) Hier ist jedoch eine Blockadehaltung weder aus sachlichen noch aus objektiven Gründen angenommen worden, die zudem auch noch offensiv in der Presse vertreten wurde.«

Unmut über Hoteleigner

Dem aus Düren stammenden Jagdfeld, der das Hotel Anfang des Jahrzehnts übernommen hat und in der Nähe eine Villa bewohnt, schlägt vor Ort derweil immer mehr Unmut entgegen. Die Bürgerinitiative »Pro Heiligendamm« etwa kämpft gegen den vom Investor bereits angekündigten Abriss der Villen »Schwan« und »Möwe« aus dem historischen Bauensemble der »Weißen Stadt«. Im Januar 2007 wurde bereits die 1854 erbaute »Villa Perle« eingerissen. Gottfried Kiesow, Vorsitzender der Deutschen Stiftung Denkmalschutz, hatte damals schriftlich protestiert und über »politischen Druck« spekuliert, der hier auf die zuständige Denkmalschutzbehörde ausgeübt worden sei. Die Bürgerinitiative sieht sich getäuscht: Jagdfeld habe 2002 zugesichert, auch die Teile des historischen Ensembles zu sanieren, die nicht zur eigentlichen Hotelanlage gehören. Doch dies scheint sich nicht zu rechnen.

Dass der Hotelkomplex trotz des Weltgipfels 2007 schwer unter Besuchermangel leidet, bringen Ortsansässige aber genau damit in Verbindung: Der Luxuskomplex ist von leeren Häusern und Tristesse umstellt. Außer Meer und Wald gibt es nichts – keine Geschäfte, keine Gastronomie. »Hier ist ja Tote Hose«, wunderte sich Anfang Mai einer der wenigen Hotelgäste.


Erschienen am 25.5.2009 in der sozialistischen » Tageszeitung Neues Deutschland.

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