Sterbewilligen mit neuer Strafnorm begegnen

Strafdefinition für indirekte Sterbehilfe fällig

Pressemitteilung der Bürgerrechtsorganisation Humanistische Union
Berlin, 4. Juli 2008

Gesinnungsstrafrecht ist die falsche Antwort auf die Probleme
sterbewilliger Menschen

Die Humanistische Union verurteilt den Versuch des Bundesrates, die
Probleme sterbewilliger Menschen mit neuen Strafnormen lösen zu wollen.
Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am heutigen Freitag (4. Juli 2008)
zwar einen entsprechenden Gesetzentwurf (BR-Drs. 230/06) in die
Ausschüsse zurück überwiesen. In einem Entschließungsantrag bekräftigen
die Ländervertreter jedoch ihre Absicht, bis zum Ende des Jahres einen
neuen Straftatbestand der gewerblichen Suizidbeihilfe (§ 217 StGB) zu
schaffen, der die organisierte Begleitung / Unterstützung suizidwilliger
Menschen verbietet.

Das Ansinnen, eine organisierte oder gewerbliche Suizidbegleitung
verbieten zu wollen, weist die Bundesvorsitzende der Humanistischen
Union, Prof. Dr. Rosemarie Will, scharf zurück: "Mit strafrechtlichen
Sanktionen lassen sich nicht die existentiellen Probleme des Sterbens
regeln, Vereinsverbote und 'Maßnahmen der Sicherheitsbehörden' helfen
niemandem. Wer die Gefahren eines kommerziellen Missbrauchs organisierter
Suizid- oder Sterbehilfe fürchtet, sollte klare gesetzliche Regeln für
derartige Angebote formulieren. Das einfache Verbot einer professionellen
Suizidbegleitung ignoriert jedoch die Probleme sterbewilliger Menschen."
Es gehöre zum unveräußerlichen Recht auf Selbstbestimmung eines jeden
Menschen, seinem eigenen Leben unter Umständen auch ein selbstgewähltes
Ende zu setzen. "Es ist nicht verwunderlich, dass in einer Gesellschaft,
die für alle möglichen Dinge des alltäglichen Lebens kommerzielle
Dienstleistungen bereithält, auch Sterbewillige den Wunsch nach einer
professionellen Unterstützung verspüren. Derartige Hilfestellungen -
sinnvoll reguliert - können unter Umständen nicht nur die Sterbewilligen,
sondern auch Dritte vor den unbeabsichtigten Folgen von
Selbstmordversuchen schützen."

Ein Verbot organisierter Suizidhilfe, wie sie der heute beratene
Gesetzentwurf vorsah, stellt nach Auffassung von Rosemarie Will
rechtsstaatliche Grundstrukturen des Strafrechts in Frage: "Die
Kriminalisierung von Organisationen, die Unterstützung und Beihilfe zum
Suizid leisten, führt zu einem Gesinnungsstrafrecht." Die Autoren des
Gesetzes würden selbst einräumen, dass damit 'ein Verhalten mit Strafe
bedroht wird, dass weit im Vorfeld denkbarer Rechtsgutsverletzungen
angesiedelt ist' (BR-Drs. 436/08, 8f.). Die Absicht des Bundesrates,
insbesondere jene Personen zu bestrafen, die eine 'maßgebende Rolle in
einem derartigen Gewerbe' übernehmen, werden pauschal die Grundrechte
aller Suizidhelfer eingeschränkt. "Ich kann mir nicht vorstellen", so
Rosemarie Will, "dass eine derartige Einschränkung der allgemeinen
Handlungsfreiheit vor dem Grundgesetz Bestand haben könnte."

Anstelle einer Kriminalisierung der Suizidhilfe fordert die Humanistische
Union den Gesetzgeber auf, endlich die Straffreiheit für passive und
indirekte Sterbehilfe innerhalb des Strafgesetzbuches klarzustellen sowie
die Sterbebegleitung durch Ärzte beim assistierten Suizid und die aktive
Sterbehilfe zu erlauben. Die entsprechenden Gesetzesvorschläge der
Bürgerrechtsorganisation finden Sie unter: http://www.humanistische-union.de/themen/bioethik/.

Für Rückfragen steht Ihnen der Geschäftsführer der Humanistischen Union,
Sven Lüders, zur Verfügung.

-- Humanistische Union e.V. - Bundesgeschäftsstelle - Greifswalder Straße 4 10405 Berlin Tel: 030 - 204 502 56 Fax: 030 - 204 502 57


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