EU-Gesetze unverständlich

30 % der Befragten verstehen EU-Gesetze nicht

Mehr Demokratie e.V., Bundesverband, Pressemitteilung 27/08

Nach dem Referendum: Mehr Demokratie kritisiert unsachliche Debatte
Haupt-Ablehnungsgrund ist Intransparenz

17.06.08. Mit ihrem Nein zum EU-Reformvertrag bei relativ hoher Wahlbeteiligung
von 53 Prozent haben die Iren den Unmut der Europa-Politiker auf sich
gezogen. Nun wird versucht, die Legitimations-Krise damit zu begründen,
dass ein kleines Land auf Grund populistischer und nationalstaatlicher
Vorstellungen aus der Reihe getanzt sei. Mehr Demokratie kritisiert
diese Darstellung auf Basis einer Umfrage des Instituts TNS mrbi als
undifferenziert und verkürzt.

"Das Scheitern des Referendums kann nicht allein mit der Angst der Iren
vor steigender Unternehmessteuer und drohender Abtreibungs-Legalisierung
begründet werden, wie oft fälschlich behauptet", sagt Gerald Häfner,
Vorstandssprecher des Vereins Mehr Demokratie. "Statt zu überlegen, wie
man den Bremsklotz Irland loswerden kann, sollten sich Politiker lieber
nach den tatsächlichen Gründen für die Ablehnung fragen."

Eine Umfrage dazu hatte das Institut TNS mrbi bereits im Vorfeld des
Referendums für die Irish Times gemacht. Die meisten Nein-Sager (30
Prozent) begründeten demnach ihre Ablehnung mit der Unverständlichkeit
des Vertrags. 24 Prozent gaben an, Irlands Einfluss und Identität wahren
zu wollen, 22 Prozent sahen den Schutz der Neutralität als wichtigsten
Ablehnungsgrund. Wesentlich seltener wurden Gründe wie die Angst vor
zunehmender Einwanderung (8 Prozent) oder vor einem Anstieg der
Körperschaftssteuer (5 Prozent) genannt. Protest gegen die Regierung war
lediglich für 5 Prozent ein Grund, mit "Nein" zu stimmen.

"Die wahren Gründe für die Ablehnung werden verschleiert", kritisiert
Häfner. Es sei falsch zu behaupten, das "Nein" der Iren läge nicht im
Vertrag selbst, sondern in irgendwelchen merkwürdigen Eigeninteressen
begründet. "Die Intransparenz des Vertrags und die Angst vor
Souveränitätsverlust sind Ablehnungsgründe, die in anderen Ländern genau
zum gleichen Ergebnis geführt hätten, hätte man die Bürger nur gefragt."

Interessant ist auch die am häufigsten genannte Begründung für ein "Ja"
zum EU-Reformvertrag: 36 Prozent der Befragten gaben an, Irland nicht
blamieren oder an den Rand der Staatengemeinschaft drängen zu wollen.
"Diese Angst der Iren hat in der Tat wenig mit dem Vertrag selbst zu
tun, sondern eher mit dem enormen Druck, der von innen und außen auf die
Abstimmenden ausgeübt wurde", sagt Häfner.

Dass Irland jetzt tatsächlich zum Sündenbock stilisiert wird, ist für
Mehr Demokratie ein Grund mehr, einen neuen und ergebnisoffenen
Abstimmungsprozess über die gemeinsamen Grundlagen der EU zu fordern.
"Es kann nicht sein, dass ein von der Bevölkerung offenkundig nicht
akzeptierter Verfassungstext einfach mit neuem Etikett versehen und den
Bürgern in absichtlich undurchsichtiger Formulierung nochmals
untergeschoben wird", so Häfner. "Dieses Verfahren ist undemokratisch
und versucht, die Bevölkerung für dumm zu verkaufen. Dass dies nicht der
richtige Weg hin zu einem zukunftsfähigen Europa sein kann, hat das
Irland-Referendum deutlich gezeigt."

Umfrage Irish Times/TNS mrbi:
http://www.ireland.com/focus/thelisbontreaty/analysis/polls/060608/index.htm



-- Mehr Demokratie e.V. Pressesprecherin
Anne Krenzer
Haus der Demokratie und Menschenrechte Greifswalder Str. 4
10405 Berlin Tel.: 030/420 823 70
Mobil: 0178/816 30 17 Fax: 030 /420 823 80
presse@mehr-demokratie.de
http://www.mehr-demokratie.de


Zur Titelseite 

(C) 2005-11 - by MedienModul (mmb)

Diese Seite drucken