Ausschaffungsabstimmung in der Schweiz

„Direkte Demokratie hat einen Wert an sich“

Mehr Demokratie e.V., Bundesverband, Pressemitteilung 61/10, 28.11.10

Schweizer stimmen Ausschaffungsinitiative zu

In der Schweiz wurde am heutigen Sonntag (28. November) auf Bundesebene über zwei, in den Kantonen über insgesamt 16 Vorlagen direkt vom Volk abgestimmt. Dabei wurde die umstrittene Ausschaffungsinitiative der SVP (Schweizerische Volkspartei) letzten Hochrechnungen zufolge mit knapper Mehrheit angenommen. Der Verein Mehr Demokratie warnt davor, aufgrund dieses Abstimmungsergebnisses das Recht auf direktdemokratische Mitbestimmung in Frage zu stellen. „Die direkte Demokratie darf nicht anhand von Abstimmungsergebnissen bewertet werden. Sie hat, wie das Wahlrecht, einen Wert an sich. Bei unliebsamen Wahlergebnissen wird auch nicht darüber diskutiert, das Wahlrecht, abzuschaffen“, sagt Ralf-Uwe Beck, Mehr Demokratie-Vorstandssprecher. Rückschlüsse der heutigen Abstimmung auf die direkte Demokratie in Deutschland würden ins Leere laufen, da verfassungsfeindliche und völkerrechtswidrige Volksinitiativen hier nicht zulässig seien. Dies wäre auch so, wenn es in Deutschland bundesweite Volksabstimmungen gäbe. Die Gründe für das heutige Abstimmungsergebnis seien nicht im Instrumentarium der direkten Demokratie zu finden, sondern in den gesellschaftlichen Zusammenhängen selbst. „Die direkte Demokratie hält der Gesellschaft lediglich den Spiegel vor.“

Mehr Demokratie schlägt für bundesweite Volksabstimmungen in Deutschland ein Verfahren vor, bei dem Volksinitiativen vorab geprüft werden. Verstoßen Initiativen gegen Völkerrecht, EU-Recht oder die geschützten Grundrechte der Bundesrepublik, wären sie unzulässig. „Ein Mitbestimmungsrecht der Menschen auch auf Bundesebene ist längst überfällig“, so Beck. Eine Mehrheit der Bevölkerung spricht sich für die Einführung bundesweiter Volksabstimmungen aus. Grüne, SPD, Linke und FDP haben in der Vergangenheit bereits eigene Vorschläge dazu in den Bundestag eingebracht.

In der Schweiz wird derzeit eine Reform der Volksgesetzgebung diskutiert, um die Verschränkung der direkten Demokratie mit Grundrechten, Völkerrecht und EU-Recht zu verbessern. Andreas Gross, Schweizer Nationalrat und Mitglied im Kuratorium von Mehr Demokratie, sprach sich in einem Interview für die Mehr-Demokratie-Internetseite dafür aus, die Schweizer Verfassung zu ändern, um Volksinitiativen leichter für ungültig erklären zu können, wenn sie gegen Menschenrecht oder Völkerrecht verstoßen: „Die Ausschaffungsinitiative, wie schon die Antiminarettinitiative, widerspricht elementaren Kernelementen der Europäischen Menschenrechtskonvention. Darüber sollte man nicht abstimmen dürfen.“

Hintergrundinformationen zur Ausschaffungsinitiative unter: http://www.mehr-demokratie.de/ausschaffungsinitiative.html

Interview mit Andreas Gross unter: http://www.mehr-demokratie.de/
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Pressesprecherin Lynn Gogolin
Mehr Demokratie e.V.
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