Mehr Demokratie e.V., Landesverband Berlin/Brandenburg
Pressemitteilung 10/08, 25.03.08
Mehr Demokratie: Volksentscheide sind nicht unverbindlich
Der Verein Mehr Demokratie hat in einem Brief vom 27. März an Berlins Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit dessen missverständliche Äußerungen über Volksbegehren in Berlin kritisiert. In seiner Rede vor dem Abgeordnetenhaus Ende Februar zum Streit um Tempelhof hatte Wowereit in Bezug auf Volksbegehren gesagt, der Verfassungsgeber habe "absichtlich keine Bindungswirkung in die Verfassung geschrieben".
"Auch Medienberichte erwecken im Zusammenhang mit dem Sonderfall Tempelhof oft der Eindruck, direktdemokratische Entscheidungen seien generell unverbindlich", erläutert Michael Efler, Vorstandsmitglied von Mehr Demokratie und Unterzeichner des Briefes. Das sei aber schlicht und einfach falsch. "Ein Volksbegehren in Berlin ist laut Verfassung sehr wohl verbindlich -- vorausgesetzt es handelt sich um einen Gesetzentwurf", heißt es im Schreiben des Vereins, das sich auf die Artikel 59 und 62 der Berliner Verfassung bezieht. Dort ist festgelegt, dass Gesetzesvorlagen auch auf dem Weg des Volksbegehrens eingebracht werden können und dass Gesetze -- auch wenn sie durch Volksentscheid zu Stande kommen -- verbindlich gelten.
Im Falle Tempelhof sei das Ergebnis des Volksentscheids lediglich als Empfehlung zu verstehen, weil es sich um einen "sonstigen Gegenstand der politischen Willensbildung", also gerade nicht um ein Gesetz handele, stellt Efler klar. "Auch diese Empfehlung muss der Senat aber gebührend abwägen." Im Normalfall stehe es den Initiatoren eines Volksbegehrens offen, einen Gesetzentwurf zu erstellen und damit die Verbindlichkeit zu gewährleisten.
Das wirklich Ärgerliche an der Tempelhof-Debatte ist aus Sicht von Mehr Demokratie, dass Volksbegehren generell als eine Art bessere Petition dargestellt werden. Damit werde ein wichtiges Instrument der Bürgerbeteiligung in seiner Bedeutung herabgewürdigt, heißt es in dem Brief an Wowereit. "Das ist äußerst bedauerlich -- gerade angesichts dessen, dass Berlin gemeinsam mit Bayern vorne liegt, was bürgerfreundliche Regelungen für direkte Demokratie angeht. Darauf kann und sollte Berlin stolz sein -- und das gilt nicht nur für Bürgerinnen und Bürger, sondern auch für die Regierung."
Mehr Demokratie ruft Politiker und Medien deshalb auf, sich in Bezug auf Volksbegehren und ihre Gültigkeit mit mehr Bedacht zu äußern und Tempelhof nicht zum Paradebeispiel für die vermeintlich unwirksame direkte Demokratie zu stilisieren.
-- Mehr Demokratie e.V. Pressesprecherin Anne Krenzer Haus der Demokratie und Menschenrechte Greifswalder Str. 4 10405 Berlin Tel.: 030/420 823 70 Mobil: 0178/816 30 17 Fax: 030 /420 823 80 presse@mehr-demokratie.de http://www.mehr-demokratie.de
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