Kein Gesetz für Potsdamer Bürgerbefragung


Bürger schaffen politisch-moralische Fakten


Das Verwaltungsgericht Potsdam hatte am Donnerstag, den 14. Dezember 2006, gegen den Antrag des Potsdamers Mario Schenk, die Bürgerbefragung zum Landtagsneubau zu stoppen, entschieden. In der Beschlussbegründung gab die Stadtverwaltung jedoch zu, dass die Befragung aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht zulässig sei. Sie sei „zwar rechtlich unverbindlich", entfalte aber in einer Demokratie "aus politisch-moralischen Gründen eine faktische Verbindlichkeit“.

Das kuriose Urteil sieht der Verein Mehr Demokratie, der sich in Deutschland und Europa seit 1990 für direkt Demokratische Instrumente stark macht, noch drastischer; Er fordert eine Änderung der Kommunalverfassung. In der Pressemitteilung vom 15. Dezember heißt es unverblümt, die Bürgerbefragung in Potsdam müsse in rechtsverbindliche Bürgerentscheide umgewandelt werden, damit unzulässige, nicht verbindliche Bürgerbefragungen endlich abgeschafft würden.

Im Zuge der Neubau und Umbaupläne ins neue Stadtschloss, da soll der Potsdamer Landtag eines Tages residieren, gab es seit 2005 zwischen den Potsdamer Stadtverordneten und den Spitzenpolitikern aus Stadt und Land immer wieder Ärger und Planstopps. Bereits zweimal kamen die Standortpläne am Alten Markt zum erliegen, nun sollen die Bürgerinnen und Bürger von Potsdam sich für einen von drei Standorten für den neuen Landtag aussprechen. Doch die Bürgerbefragung ist nicht bindend, wie auch der Verein Mehr Demokratie weiß.

Im Land Brandenburg ist eine Bürgerbefragung überhaupt nicht in der Gemeindeordnung geregelt. Läge bei wichtigen Planungen und Vorhaben jedoch „ein besonderes Bedürfnis“ der Information zu Zwecken, Zielen und Auswirkungen vor, dann „soll den Einwohnern Gelegenheit zur Äußerung gegeben werden“, heiße es in der Potsdamer Gemeindeordnung Paragraf 16 Absatz 2. Gesetzlich geregelt sei die Bürgerbefragung bislang nur in den Bundesländern Niedersachsen und Saarland. [Aus Potsdamer Neuesten Nachrichten (PNN)]

Einige Kritikpunkte an der jetzigen Bürgerbefragung sind dem Verein ein echter Dorn im Auge. Zahlreiche Standards, die für verbindliche Bürgerentscheide gelten, würden in Potsdam missachtet, es gäbe keine Möglichkeit gegen den Neubau des Landtages zu stimmen und die Zeit für die Diskussion über die Entscheidung sei viel zu knapp. Eine Durchführung der Abstimmung über die Weihnachtstage wäre bei verbindlichen Bürgerentscheiden undenkbar.

Michael Efler, Landesvorstand von Mehr Demokratie, empfiehlt daher bei der Novellierung der Brandenburgischen Kommunalverfassung das verbindliche Instrument des Ratsbegehrens in Brandenburg einzuführen. "Das würde es den Stadtverordneten von Potsdam gestatten, den Bürgern eine bestimmte Fragestellung zur Entscheidung vorzulegen". Das Ergebnis wäre verbindlich. Die Standards des Brandenburger Kommunalwahlrechtes würden für eine solche Abstimmung gelten, heißt es in der Mitteilung des Vereins weiter, außerdem sollte die Kommunalverfassung zukunftige Bürgerbegehren und Bürgerentscheide über Fragen der Bauleitplanung zulassen können. (mmb, 16.12.06, fs)


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