Deutschland hat jetzt einen Integrationsbeirat.

Deutschland hat jetzt einen Integrationsbeirat.

Berlin, 23./24.5.2011. Die Zeit zum Kennenlernen ist vorbei. Jetzt hat Deutschland einen Integrationsbeirat. Im Oktober 2008 hatten Teilnehmer des Integrationsgipfels eine scheinbar begründete Abfuhr von der Deutschen Bundesregierung bekommen, einen Integrationsbeirat zu gründen.

Ein Jahr später nach der Bundestagswahl 2009 steht im Koalitionsvertrag von CDU, CSU und FDP in Kapitel III, Seite 89: „den Dialog zwischen Staat und Gesellschaft, insbesondere mit den Migranten, in institutionalisierter Form - auch unter Einbeziehung des Deutschen Bundestag“ fortzuführen und zwar mit Hilfe eines neu zu gründenden Beirates.

"Die alte Idee eines Beirats habe sich überlebt“, sagte Sevim Dagdelen, migrationspolitische Sprecherin der Fraktion Die Linke im Deutschen Bundestag zur Erinnerung der 2008 abgelehnten Forderung nach einem Beirat. Am Montag sagte Maria Böhmer (CDU), Beauftragte der Bundesregierung für Integration, Migration und Flüchtlinge, sie sei „immer für einen Bundesbeirat gewesen“, so die Bundestagsabgeordnete Dagdelen. Damit erweise „sich die Staatsministerin mal wieder als Lügenbaronin“. Die Partei Die Linke fordert eine schnellere Einbürgerung, besonders von länger in Deutschland lebender Ausländer und prangert das Ausländer- und Staatsangehörigkeitsrecht an.

Eine formale Einbürgerung illegal in Deutschland lebender Menschen werde es mit dieser Bundesregierung nicht geben, sagte Maria Böhmer. Auch unterscheide Deutschland zwischen geduldeten und illegalen Ausländern. Die Anfrage nach der konstituierenden Beiratssitzung im Bundeskanzleramt habe im Hintergrund der neuen Einwanderungspolitik des Europäischen Partners Spanien gestanden.

Der neue Bundesbeirat setzt sich aus 32 Mitgliedergruppen zusammen, die die Integrationsbeauftragte beraten sollen. Einige kennen sich aus den Gremien: Nationaler Integrationsplan (NIP), Deutsche Islamkonferenz (DIK) oder anderen Integrationsprojekten, wie die gebürtige Afrikanerin Virginia Wangare-Greiner vom Verein Maisha, die sich selbst als Migrantenfrau bezeichnet.

Außerdem ernannte Maria Böhmer als Vorsitzende des Beirates, weitere vier herausragende Persönlichkeiten, darunter Fernsehmoderatorin Nazan Eckes, John Kornblum, ehemaligier Botschafter der USA in Deutschland und Ali Ertan Toprak von der Alevitischen Gemeinde. Der Integrationsbeirat wird zwei bis dreimal im Jahr tagen, sagte Böhmer. Mehrmals im Jahr treffen sich aber die Arbeitsausschüsse. Die Themen drehen sich nicht um Religion wie in der DIK und weniger um strategische Koordinaten und Aktionspläne, sondern um praktische Netzwerke und Umsetzen der entwickelten Ansätze in Spracherwerb, Bildung und wie staatliche Einrichtungen mit den gesellschaftlichen Initiativen noch besser zusammenarbeiten können, wobei die Fragen alle Teilnehmer begleiten sollen: Ab wann ist ein Migrant noch ein Migrant? Wie entsteht das Gefühl von Heimat? Für die weitgereisten Teilnehmer Topik und Kornblum Positiv stehe fest, Integrationspolitik scheint in Deutschland zu wirken.

Hier hat sich bisher keine rechtspopulistische Partei etabliert. Das ist in anderen Europäischen Ländern anders. Für Kornblum gehe mit dem ersten Integrationsbeirat eine Vorbildfunktion von Deutschland aus. Ein Signal in die ganze Welt, dass Deutschland sich offiziell als Einwanderungsland begreife. Doch wie entsteht die Identifizierung? Kornblum sagte, in den USA werde sehr viel mehr Geschichte gelehrt und Topik: das Gefühl des Willkommenseins sei schnell bei ihm entstanden. In Deutschland vermisse auch Kornblum dieses Gefühl gelegentlich. Die Aufnahmegesellschaft in Deutschland scheine eher unzufrieden zu sein mit der Zugewanderten, statt sie offen zu empfangen und die Bereicherung damit zu erleben.

Der Beirat soll über die Legislaturperiode hinaus installiert werden, ein fester Bestandteil der deutschen Einwanderungspolitik werden. Mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit erfolgen die Beschlüsse des Beirats. (fs)
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Mehr Infos zum Beirat, Funktionen und Mitglieder:
http://www.bundesregierung.de/nn_56546/Content/DE/Artikel/IB/Artikel/Beirat/2011-01-13-intergrationsbeirat.html

Koalitionsvertrag 2009: http://www.cdu.de/doc/pdfc/091026-koalitionsvertrag-cducsu-fdp.pdf


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