Die Bildungspartei - Eltern für Familienpolitik

Kleine Parteien (Parteien ohne Mandat)


Die Bildungspartei

Von Uta von Bilavsky.


Familie ist politisches Programm


Bildungspartei

PROGRAMM :

„Die Not ist groß! Wir haben keine Zeit.“

Für leistungsstarke Kindergärten, Schulen und Hochschulen

Die „Berliner Eltern - die Bildungspartei“ setzt sich für Bildung in einem umfassenden Sinn ein, von der Geburt bis zum Erwachsenenalter. Entstanden ist die neue Partei aus der Unzufriedenheit der Eltern mit der Bildungspolitik von Regierung und Opposition in Berlin.

So hatte der Landeselternausschuss (LEA), der rund eine halbe Million Berliner Eltern vertritt, dem Senat im Juni letzten Jahres das Vertrauen entzogen. Auf die Frage, welche Partei sie bei den nächsten Landtagswahlen am 17. September 2006 wählen würden, wussten André Schindler und Betina Richter, die beiden frischgebackenen Parteivorsitzenden, keine Antwort und gründeten gemeinsam mit sieben Gleichgesinnten am 20. Januar dieses Jahres ihre eigene Partei mit dem Namen „Berliner Eltern - die Bildungspartei“.

Alle fünf Vorstandsmitglieder haben eigene Kinder im Schulalter und sind seit mehreren Jahren in verschiedenen Elterngremien aktiv. André Schindler ist seit drei Jahren Vorsitzender des LEA und Vater zweier Töchtern von acht und elf Jahren. Betina Richter hat zwei Söhne, 13 und 16 Jahre alt, und engagiert sich als Schulelternsprecherin an einem Charlottenburger Gymnasium. Die Tätigkeit in den Elterngremien wertet sie als wichtigen Vorzug gegenüber den derzeitigen politischen Vertretern: „Wir sind realistischer, verfügen sozusagen über das Destillat jahrelanger Erfahrung.“ Außerdem gehören dem Parteivorstand Nadia Rouhani, Martina Preugschat und André Nogossek an, die an Schulen, im Bezirks- und Landeselternausschuss, Landesschulbeirat sowie im Bundeselternrat aktiv sind.



Wir wollen, dass unsere Kinder im Parlament eine Lobby haben“, begründet Schindler die Initiative der Eltern, und Betina Richter betont: „Hauptziel ist jetzt die Vertretung im Berliner Abgeordnetenhaus.“ Inhaltlich wollen sie sich auf keine politische Couleur festlegen. „Wir sind sicher wertekonservativ, in einem neutralen Sinn“, sagt Richter. „Es ist nicht alles neu, was wir fordern. Aber als Eltern werden wir derzeit nicht wahrgenommen.

Wir wollen Druck machen
, und zwar dort, wo das Geld fließt, dort brauchen wir eine demokratische Stimme. Die Not ist groß! Wir haben keine Zeit, sonst kommt es zu spät für unsere Kinder.“ Daher setzen die Eltern bei den bestehenden Missständen an, wie der fehlenden Verzahnung zwischen den verschiedenen Schulformen, zum Beispiel beim Übergang von der Grund- in die Oberschule, und dem Stundenausfall. „In Berlin gibt es bundesweit das größte Aufkommen für Nachhilfe“, beklagt Betina Richter, „daran muss sich etwas ändern!“

Ein Blick in den Programmentwurf der „Berliner Eltern - die Bildungspartei“ verrät, wie sich die Initiatoren das konkret vorstellen.
Grundlage des politischen Engagements ist ein Selbstverständnis als „fortschrittliche, zukunftsbejahende und wirtschaftsfreundliche Partei (...), die der Bildung als einziger verbleibender Ressource einer ansonsten rohstoffarmen Gesellschaft einen deutlich höheren Stellenwert geben wird“.

Die Elternpartei tritt ein für „leistungsstarke“ Kindergärten, Schulen und Hochschulen, ein „attraktives Angebot beruflicher Bildung und Weiterbildung“, „Chancengleichheit“ und „individuelle Förderung“.
In dieser Richtung will sie das Berliner Bildungssystem fortentwickeln und so eine Anhebung des Bildungsniveaus erreichen.

Für die Schulen fordert die Elternpartei mehr Eigenständigkeit, damit Wettbewerb untereinander entstehe, für die Eltern das Recht auf freie Schulwahl. Die einzelnen Einrichtungen sollen besser vergleichbar werden durch Veröffentlichung schulspezifischer Daten und verbindliche Vergleichsarbeiten, die zudem der Schwachstellenanalyse und Qualitätsverbesserung dienen. Bei Schulförderung und Lehrerbezahlung will die Elternpartei das Leistungsprinzip einführen, denn hohes Engagement bedürfe der Honorierung, schlechte Leistung müsse Konsequenzen haben. Eine bessere Ausstattung, personelle Verstärkung mit zusätzlichen Lehrern und Erziehern sowie kleinere Klassen vor allem in der Schulanfangsphase finden sich ebenso im Forderungskatalog wie eine verbesserte Zusammenarbeit zwischen den einzelnen Einrichtungen beim Übergang der Kinder in neue Schulformen (Kita-Schule, Grundschule-Oberschule, Oberschule-Hochschule). Hinzu kommt eine verbindliche Fort- und Weiterbildung für Erzieher/innen und Lehrer/innen außerhalb der Unterrichtsverpflichtung und eine verantwortungsvolle Elternarbeit.

Die Elternpartei wendet sich gegen Unterrichtsaufall und fordert einen Rechtsanspruch der Eltern und Schüler/innen auf 100 Prozent Unterricht. Dazu bedürfe es der Einführung einer Vertretungsreserve und einer Präsenzzeit für Lehrkräfte an der Schule. Die Schulleitung müsse professionalisiert, die Amtszeit der Schulleiter/innen beschränkt werden. Kontrolle erfolge durch Schulinspektion.


Ausdrücklich präferiert wird das Modell der „Gemeinsamen integrierten (Ganztags-)Schule in gebundener Form“, bei dem „nach skandinavischem Vorbild alle Kinder ungeachtet ihrer Begabungen gemeinsam lernen.“


Bei den Kindertagesstätten setzt sich die Elternpartei für einen stärkeren Bildungsauftrag ein und fordert unentgeltliche Plätze. Möglichst alle Kinder sollten gut auf die Schule vorbereitet werden, dazu gehöre auch eine verbindliche Sprachförderung bei nicht ausreichenden Deutschkenntnissen.

Für die Hochschulen verlangen die Eltern Autonomie und Eigenverantwortung. Hier seien tief greifende Strukturänderungen nötig, um im internationalen Wettbewerb mithalten zu können.

„Bildungspolitik ist immer auch Wirtschaftspolitik“, sagt André Schindler, denn einerseits müsse ein verbessertes Bildungssystem finanziert werden und andererseits hätten die Unternehmen, besonders der Mittelstand, ein Interesse an gut ausgebildeten Menschen. Daher schreibt die „Berliner Eltern - die Bildungspartei“ im Programm fest, sie sei angetreten, „die Zukunft unserer Kindern zu sichern, ihnen alle Chancen offen zu halten und ihnen den Weg in eine wirtschaftlich leistungsstarke Gesellschaft zu ermöglichen.“

Zur Zeit konzentriert sich die neue Partei ausschließlich auf Berlin. Die Gründung einer Elternpartei ist jedoch in Deutschland keine Premiere, wie zum Teil in der Presse zu lesen war. Es gibt bereits eine ähnliche Initiative in Potsdam (www.elternpartei.de), die sich mit ihrem Landesverband Sachsen-Anhalt bei den dortigen Landtagswahlen am 26. März zur Wahl stellen wird. Die „Familien-Partei Deutschlands“ (www.familien-partei.de), die sich unter anderem auch Bildungspolitik auf die Fahnen geschrieben hat, trat schon 2004 bei verschiedenen Landtagswahlen sowie bei der Europawahl und der letzten Bundestagswahl 2005 an. Für sie sitzen bereits Abgeordnete in einigen Kommunalparlamenten in Brandenburg, Sachsen-Anhalt und dem Saarland. Die „Berliner Eltern - die Bildungspartei“ grenzt sich von beiden deutlich ab. Es bestünden erhebliche inhaltliche Unterschiede, so Schindler. Zum Beispiel glaube er nicht, dass sich ein wirtschaftlicher Aufschwung durch die generelle Einführung der 35-Stunden-Woche erzielen lasse. „Wir kommen aus den Gremien, kennen den Bereich Schule und die spezifische Situation in Berlin sehr genau. Die Verhältnisse in Brandenburg sind nicht ohne weiteres auf uns übertragbar. Berlin lässt sich eher mit anderen Großstädten vergleichen.“

Mit ihrer Gründung hatte die Berliner Elternpartei unterschiedliche Reaktion ausgelöst. Neben Zustimmung hat sie auch Kritik erfahren: Schulsenator Böger von der SPD bezeichnete die neue Partei als „überflüssig“. Berlin brauche keine Partei nur für Eltern. Sowohl CDU-Generalsekretär Frank Henkel als auch der bildungspolitische Sprecher von den Grünen, Özcan Mutlu, werteten die Elterninitiative in ihren Presseerklärungen als „Bankrotterklärung“ beziehungsweise „Zeichen für die desaströse Bildungspolitik des rot-roten Senats“. Doch beeilten sich die Oppositionsvertreter zu betonen, dass die Forderungen der Eltern größtenteils identisch mit den jeweils eigenen bildungspolitischen Plänen wären, und luden die Eltern ein, bei ihnen mitzuwirken.

Eltern warfen den Parteigründern in einem Internetforum einen Alleingang vor. Die Gründung der Partei am 20. Januar sei geheim geschehen. Zudem sahen sie für André Schindler einen Rollenkonflikt als LEA-Vorsitzender einerseits und als Parteivorsitzender der Elternpartei andererseits. Er missbrauche sein Amt für eigene politischen Ambitionen, hieß es, sein Rücktritt wurde gefordert.

Schindler selbst ist überzeugt, beide Ämter gut miteinander vereinbaren zu können, und Betina Richter sagt, juristisch gäbe es kein Problem, andere LEA-Vertreter seien auch parteipolitisch gebunden. (UvB)

Über die Elternpartei berichtet Uta von Bilavsky. (UvB)


_____________________________________________________________________________


Kleine Parteien Deutschlands: Charakteristik

Mehr kleine Parteien, Charakteristik


_____________________________________________________________________________


(C) 2005-11 - by MedienModul (mmb)

Diese Seite drucken