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Künstler suchen ihre Bilder


Helmut Lorscheid

Die Versprechungen klangen verlockend. Ein deutscher Galerist auf Mallorca, Michael L., bot Malern eine garantierte Abnahme ihrer Bilder an. Die Kosten waren übersichtlich, lediglich eines von sieben in Kommission überlassenen Bilder wollte die Galerie als Bezahlung behalten.. Ein gutes Angebot, erhalten doch andere Galerien oft bis zu fünfzig Prozent des Verkaufspreises. Die „Robinson Business @ Art Akademie S.L.“ mit Sitz im sonnigen Campos auf Mallorca versprach viel. Von der Veranstaltung von Kunst Events, thematischen Ausstellungen und Vernissagen war die Rede und von internationaler Kooperation mit Galerien an fernen Orten, der Kunstvertrieb unterhalte „ein eigenes Vermittlerteam, welches Kunstleasing und Direktverkauf für Firmen, Hotels und Privatpersonen anbiete Versprechungen die Hoffnungen weckten. Auch den Kunstsammlern offerierte L. erstaunliche Perspektiven. Für eine neue Anlageform, Kunstrente genannt, garantierte er den Investoren eine Rendite von stolzen 20 Prozent. Michael L. versprach nicht nur, er „garantierte“ sogar, das die mit ihm kooperierende Galerie auf Wunsch des Kunden dessen Kunstwerke „in den eigenen Bestand übernimmt und diese ihm abkauft, wenn die Werke nicht innerhalb von 48 Monaten verkauft wurden“. Damit nicht genug: „In diesem Fall entrichtet die Galerie an Sie den Kaufpreis zzgl. 20 Prozent Ertrag.“

Traumhafte Gewinne also, die sonst nur Investmentbanker versprechen. Ideale Bedingungen für Künstler und Käufer– so schien es. Doch wie so oft im Leben, zerrannen auch diese Träume. Statt ihre Bilder zu verkaufen, fühlen sich etliche Künstlerinnen und Künstler nun eher selbst verkauft. Und zwar von ihrem Galeristen auf Mallorca. Nur einer von rund zwanzig befragten Künstlerinnen und Künstlern konnte dem Autor berichten, tatsächlich drei Papierarbeiten für insgesamt 330 Euro über die Galerie L. verkauft zu haben. Und auch der Mann ist mit diesem Ertrag nicht wirklich zufrieden. Im Internet hatte er entdeckt, dass die Galerie seine Bilder zu einem wesentlich höheren als dem vereinbarten Preis angeboten hatte.
Alle anderen Künstler konnten keinen einzigen Verkauf verbuchen. Im Gegenteil, viele von ihnen fürchten sogar um ihre Bilder. Denn Michael L. ist untergetaucht, seine Galerie geschlossen, die Büros und Wohnung verlassen. Sie hoffen, nun wenigstens zum Ablauf des Vertrages, ihre Bilder und Skulpturen zurück zu bekommen. Für die meisten von ihnen endet der Vertrag am 30. Juni 2009. Manche Künstler, wie der Scheibenberger Künstler Ray Kunzmann warten diese Frist nicht ab und gehen bereits jetzt in die Offensive. Gemeinsam mit acht weiteren Künstlern der Galerie L. sucht er in einem vom deutschen Privatermittler Werner Links von Palma aus betriebenen Internetforum nach dem Verbleib seiner Bilder. Die „Mallorca Zeitung“ berichtete mehrfach über die verzweifelte Suche der Künstler nach ihren Bildern.
„Die Suche nach mehr als 300 auf Mallorca verschwunden Bildern deutscher Künstler geht weiter“, heißt es in der jüngsten Ausgabe. Dazu zeigt die deutschsprachige Inselzeitung das Foto eines der von Kunzmann gesuchten Werke. Eines von insgesamt acht Bilder des international tätigen Künstlers. In dem Bericht heißt es, eine frühere Mitarbeiterin der Galerie, die aus Cranzahl bei Annaberg/Buchholz stammende D. W. erklärte gegenüber der Mallorca-Zeitung, auch sie wisse nicht, wo sich die Bilder derzeit befänden. Der letzte, ihr bekannte Lagerort habe sich in Cala Figuera an der Ostküste befunden. Doch dieser Standort sei inzwischen aufgegeben worden. Ursprünglich hatte die Galerie ihren Sitz in Felanitx.

Die Mallorca-Zeitung berichtet unter Bezugnahmen auf einen Rechtsanwalt aus Felanitx über Mietrückstände für die Galerieräume. Die frühere Mitarbeiterin bestätigt, dass die Galerie kaum Umsatz machte, Ihres Wissens, so wird sie von der Inselzeitung zitiert, seien nur wenige Bilder verkauft und deren Künstler ausgezahlt worden. Die Frau weiß worüber sie redet, denn sie, die eigentlich nur für die Betreuung der Internetseiten zuständig war, unterschrieb viele der Verträge mit den Künstlern. Michael L. hatte gegenüber dem Autor noch Ende letzten Jahres angekündigt, „bald“ eine neue Galerie in der Inselhauptstadt Palma de Mallorca zu eröffnen. In Emailkorrespondenzen erzählte Michael L. noch im Januar von Künstlern, die seine „neue Galerie direkt in Palma in der kommenden Saison tatkräftig unterstützen und unsere Distributionswege mit Elan fördern wollen.“ In Leipzig, wo Michael L. im ehemaligen Verwaltungsgebäude des Spinnerei-Komplexes in der Naumburger Straße 38 ein Büro gemietet hat, ermitteln inzwischen Polizei und Staatsanwaltschaft gegen ihn. Denn während einige Künstler weiterhin das Ende ihres Vertrages abwarten, haben andere bereits Strafanzeige wegen Betrugsverdacht erstattet. Eine von ihnen ist die auf Mallorca lebende Künstlerin Heike Steinke. Ihr gegenüber verweigerte L. noch im Januar dieses Jahres die persönliche Übergabe ihrer Bilder auf Mallorca und bestand auf einer Verschickung an die frühere Adresse im brandenburgischen Joachimsthal. Wohlgemerkt an eine nicht mehr existente Anschrift. Auf Fragen des Autors behauptete L.“
“Frau Steinke hat Ihre Werke vertragsgemäß (siehe außerordentliche Kündigung) bereits erhalten.“ Vertraglich war eine Rücksendung der Bilder auf Kosten der Künstler vorgesehen. Frau Steinke erklärte erneut, sie habe keine Bilder erhalten. Heike Steinke widersprach dieser Darstellung energisch, sie sucht noch immer nach ihren Bildern. Alle weitere an ihn gestellte Fragen ließ Michael L. unbeantwortet. Seit Dezember letzten Jahres ermittelt auch das Landeskriminalamt der Steigermark/Österreich auf Grundlage von zwei Anzeigen gegen Herrn L. wegen Veruntreuung. Einer der Künstler schrieb an den Autor: „Ich muss nach der Hinhaltetaktik vermuten, dass es sich bei Herrn L. um einen notorischen Betrüger handelt.“ Glück im Unglück hatte dagegen die Dresdner Malerin Birgit Schulze. Sie kam erst im November 2008 zur Galerie und musste sich verpflichten, nicht nur eines ihrer Bilder an Michael L. zu übereignen, sondern darüber hinaus im Voraus 390 Euro plus Mehrwertsteuer zahlen. Als sie bis Januar dieses Jahres keinerlei Aktivitäten des Galeristen feststellen konnte, fragte sie nach, blieb aber ohne befriedigende Antwort. Vor wenigen Tagen erfuhr sie, dass sich Herr L. eigenen Angaben zufolge in den USA aufhalte und entschloss sich, ihre Bilder zurück zu fordern. Mit Hilfe der Leipziger Polizei bekam sie kurzfristig Einlass in die verlassenen Büroräume in der Naumburger Straße und fand dort zu ihrer Freude vier ihrer Aquarelle, die sie mitnehmen konnte. Auch Birgit Schulze hat nun Strafanzeige erstattet. Sie fordert die Rückzahlung der insgesamt 460 Euro, da der Galerist in keiner weise für sie tätig wurde. In Leipzig blieb L. die Büromiete ebenso schuldig wie Mietzahlungen für seine Privatwohnung. An seiner Wohnadresse in Leipzig wurde Michael L. von Nachbarn das letzte Mal Mitte Dezember 2008 gesehen.

Unterdessen wurde die spanische Kriminalpolizei fündig. Sie entdeckte eines der Kunstlager des Michael L. mit rund 240 Bildern. Statt nun wie sonst oft üblich einen beschwerlichen Behördenweg über spanische und deutsche Behörden im Rahmen der Rechtshilfe zu nehmen,
schrieb eine Dolmetscherin der Guardia Civil der Balearischen Inseln eine Email in deutscher Sprache an die Künstler in Deutschland, der Schweiz und Österreich, in der sie über den Fund informierte die Künstler und Künstlerinnen aufforderte, ihr Fotos der vermissen Werke und eine Kopie ihrer jeweiligen Strafanzeigen zu übersenden. Um somit der spanischen Polizei eine Identifizierung und Zuordnung der vorgefundenen Werke zu ermöglichen.. An Hand der Fotos will die spanische Polizei dann die vorgefundenen Kunstwerke ihren rechtmäßigen Besitzern zuordnen. Nach Angaben eines der Künstler werden nun noch rund einhundert weitere Bilder und Skulpturen vermisst. Während also die spanische Polizei bewies, wie unbürokratisch man arbeiten kann, wurde bisher über die Arbeit der deutschen Behörden nur wenig bekannt. So beantwortet die Staatsanwaltschaft Leipzig beantwortete nicht einmal die Frage, ob um Rechtshilfe ersucht wurde. Ihr Sprecher Staatsanwalt Ricardo Schulz teilte lediglich mit, dass er nichts sagen könne: "Einzelheiten zu den laufenden Ermittlungen der deutschen Strafverfolgungsbehörden kann ich ihnen aktuell nicht mitteilen, um diese Ermittlungen nicht zu gefährden."

Eine Rückfrage beim Bundeskriminalamt, deutschen Interpol-Stelle, ergab, dass man dort zwar Kenntnis hat von einer Anfrage der Grazer Polizei, es gäbe aber keine deutsche Fallakte. Auch Wochen nach den Anzeigen der Künstler gibt demnach nicht einmal ein Rechtshilfeersuchen der Leipziger Polizei und Justiz. (lÄ, fs 2509)

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