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Wie Migranten wohnen wollen


Erste bundesweit repräsentative Befragung der Bevölkerung mit Migrationshintergrund vorgestellt

Berlin, 9.12.2008.
Gemeinsam mit einem breiten Spektrum von Auftraggebern aus Politik, Sozialverbänden und Wirtschaft hat der vhw - Bundesverband für Wohnen und Stadtentwicklung e.V. vom Heidelberger Marktforschungsinstitut Sinus Sociovision die erste bundesweit repräsentative Befragung der Bevölkerung mit Migrationshintergrund durchführen lassen. Die exklusiven Ergebnisse des vhw für die Themen „Wohnen“, „Nachbarschaft“ und „Engagement“ zeigen eine Vielzahl von Anknüpfungspunkten für eine an den Belangen der Bürger orientierte Stadtentwicklungs-, Quartiers- und Wohnungspolitik auf, brechen mit einigen angestammten Vorstellungen und können insgesamt zu einem Wegbereiter für die Integration der Migranten-Population in die Bürgergesellschaft werden, wie sie der vhw anstrebt.

Lebensweltforschung als Schlüssel für die Integration von Migranten

"Die vorliegende Studie bestätigt: Es ist die Mentalität, die Milieu-Zugehörigkeit, an der sich die Lebenswelten der Migranten orientieren, und nicht die Zugehörigkeit zu einer ethnischen Herkunftskultur", so Reinhart Chr. Bartholomäi, Vorstandsvorsitzender des vhw. Das bedeutet, dass Migranten nicht "über einen Kamm geschert" werden können, auch nicht, wenn nach der ethnischen Herkunft unterschieden wird. Die Lebensstilforschung bildet die Basis zum Verständnis ihrer Einstellungen und Präferenzen im Wohn- und Quartiersbereich, weniger die konventionelle Statistik, mit Fragen nach Alter, Einkommen, Herkunftsregion oder Geschlecht. Auf repräsentativer Basis wurden in der Studie acht Migranten-Milieus herausgearbeitet. Diese Milieus beschreiben, wie sich die 15,3 Millionen in Deutschland wohnenden Migranten ihr Leben in Deutschland vorstellen.

"Die Migranten-Milieus erlauben ein Verstehen der Lebenswelten von Migranten und sind damit entscheidend für deren erfolgreiche Integration in die Mehrheitsgesellschaft", so Bartholomäi. Für den vhw, der sich für die Transformation des Leitbilds der Bürgergesellschaft im Bereich Stadtentwicklung und Wohnen einsetzt, ist die Studie ein wichtiger Meilenstein in diese Richtung. Denn die Gestaltung einer gleichberechtigten Teilhabe von Migranten in diesen Handlungsfeldern setzt voraus, Transparenz zu ihren Einstellungen und Präferenzen im Bereich Wohnen und Stadtentwicklung zu schaffen, auch wenn diese nicht mit den Leitvorstellungen der Mehrheitsgesellschaft in Einklang stehen.


Potenziale bei lokaler Beteiligung von Migranten werden nicht ausgeschöpft

Die Beteiligung von Migranten im Quartier steht bei lokaler Teilhabe und lokalem Engagement schon heute auf einer soliden Basis. Aber: Es existieren deutliche Zusatz-Potenziale. Bei der lokalen Teilhabe, bei der Mitbestimmung im Quartier, könnte die Beteiligung verdoppelt werden. Beim lokalen Engagement, bei der aktiven Mitarbeit für ein besseres Miteinander im Quartier, sind Zuwächse von 18 auf 30 Prozent möglich. Bemerkenswert ist: Neben gut integrierten Milieus wie dem Statusorientierten Milieu, dem Adaptiven bürgerlichen Milieu und dem Kosmopolitisch-intellektuellen Milieu sind insbesondere auch bei dem Traditionellen Arbeitermilieu bei der lokalen Beteiligung überdurchschnittliche Beteiligungsquoten und –Potenziale zu verzeichnen.
"Um die Zusatz-Potenziale bei der lokalen Beteiligung zu erschließen gilt es, auf die Lebenswelten der Migranten einzugehen", so Bartholomäi. Dabei sei es auch wichtig, eine Kultur der Anerkennung zu schaffen und auch seitens der etablierten institutionellen Beteiligungsstrukturen klar zu bekennen, dass die Meinung von Migranten bei Fragen zur Entwicklung des Quartiers gefragt ist.

Bei traditionsverwurzelten und prekären Milieus ist ethnische Segregation gewollt

Das Ideal der ethnischen Mischung wird nicht von allen Migranten geteilt. Unter den Milieus, die sich besonders häufig in ethnisch geprägten Nachbarschaften finden, lassen vor allem die Religiös-verwurzelten und die Entwurzelten Sympathien für diese Situation erkennen.

Bei anderen Milieus finden sich Hinweise auf ungewollte ethnische Segregation, etwa beim Traditionellen Arbeitermilieu und den Hedonisten. Bemerkenswert ist hier jedoch: Der Wunsch, weniger mit Personen der eigenen Herkunftskultur in der Nachbarschaft zu leben geht nicht mit einem expliziten Wunsch einher, verstärkt in der Nachbarschaft mit Deutschen leben zu wollen.

"Bei der Frage nach dem gewünschten ethnischen Umfeld stellen wir eine Diskrepanz zwischen dem Ideal der ethnischen Mischung und den Quartierspräferenzen der Migranten fest. Undifferenzierte Vorstellungen über die Wirkung von ethnischer Mischung werden der Einstellung vieler Migranten ebenso wenig gerecht, wie verfestigte Abschottungstendenzen der Mehrheitsbevölkerung", so Bartholomäi.

Wohnen hat für viele Migranten eine geringere Bedeutung, zugleich aber hohe Integrationspotenziale

Nur für drei der acht Migranten-Milieus haben Umstände und Qualität des Wohnens einen ähnlich hohen Stellenwert wie für die Mehrzahl der einheimischen Deutschen. Zugleich hat die Studie jedoch die erheblichen Defizite der qualitativen Wohnversorgung vieler Bürger mit Migrationshintergrund verdeutlicht und die Integrationspotenziale aufgezeigt, die in einer qualitativ besseren Wohnungsversorgung stecken.
Dies gilt auch für die Wohneigentumsbildung. Fast 30% der Befragten haben Wohneigentum, davon zwei Drittel in Deutschland. Jeder Zehnte beabsichtigt, in den nächsten fünf Jahren Wohneigentum zu erwerben. Dieses hohe Zusatzpotenzial wird besonders von den Milieus der Performer und der Adaptiv-Bürgerlichen getragen. Immerhin jeder siebte Befragte kann sich zudem vorstellen, die derzeit gemietete Wohnung bzw. das Haus zu kaufen. Bei Wohneigentümern ist zudem nicht nur die Verbundenheit mit Wohnung und Wohnort deutlich höher als bei Mietern, sondern auch die Verbundenheit mit Deutschland. "Die Bildung von Wohneigentum besitzt bei Migranten ebenso Integrations-Potenziale wie eine generelle Verbesserung der qualitativen Wohnsituation", erläutert Bartholomäi.


Kontakt:
Ruby Nähring, Referentin für Öffentlichkeitsarbeit
vhw - Bundesverband für Wohnen und Stadtentwicklung e. V. Straße des 17. Juni 114, 10623 Berlin; Telefon: 030/390473-67; Fax: 030/390473-19
E-Mail: rnaehring@vhw.de; » www.vhw.de