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Praeimplantationsdiagnostik-Gesetz Hintze-Gruppe

(Bildquelle: ulrike-flach.de)

Am 21. Dezember 2010 stellten die Bundestagsabgeordneten Petra Sitte (Die Linke), Jerzy Montag (Bündnis 90/Die Grünen), Carola Reimann (SPD), Peter Hintze (CDU/CSU) und Ulrike Flach (FDP) den gemeinsamen Gesetzentwurf zur Regelung der Praeimplantationsdiagnostik (PID) der Oeffentlichkeit vor. Der Gesetzentwurf legt fest, in welchen Grenzen die genetische Untersuchung von kuenstlich erzeugten Embryonen vor ihrer Einpflanzung in den Mutterleib Anwendung finden soll. Fehl- oder Totgeburten oder die Geburt eines schwer kranken Kindes sollen auf diese Weise verhindert werden. (Bild von links nach rechts)

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Mit PID zum gesuenderen Kind

Gruppenantrag der fuenf Bundesparteien zum Praeimplantationsdiagnostikgesetz (PraeimpG). /Qual der Frauen mindern, die Kinder wollen, aber Gendefekte im Erbgut befuerchten./ Ab wann ist ein Kind ein Kind und keine Zelle mehr?

Berlin, 21./22.12.2010. Hilfe fuer Eltern mit defektem Erbgut. Eltern, die ein totes oder ein sehr schwer gehandicaptes Kind befuerchten, weil sie selbst entweder vererbbare Krankheiten in ihren Chromosomen aufweisen oder aufgrund von aufgetretenen Faellen in der Familie mit einem behinderten Nachkommen rechnen muessen, soll eine begrenzte Zulassung in der Praeimplantationsdiagnostik (PID) helfen, ihre zukuenftigen Leiden oder die ihrer Kinder zu mindern.

Bis diejenigen Eltern, insbesondere die Frauen, von dem neuen Gesetz profitieren koennen, weil sie entweder selbst behindert sind, bereits ein behindertes Kind betreuen oder Embryonen verloren oder Kinder tot zur Welt brachten, wird es eine breite Diskussion in der Oeffentlichkeit geben. Die Befuerworterinnen und Befuerworter von PID hoffen am Ende zu einer Aenderung im Embryonenschutzgesetz zu gelangen und eine begrenzte Zulassung der PID zu bewirken.

Eroeffnet eine Zulassung fuer eine PID Begehrlichkeiten zu Designerbabies?

Fraktionsuebergreifend haben die zustaendigen Bundestagsabgeordneten einen gemeinsamen Gesetzentwurf am Dienstag, 21.12., in Berlin vorgestellt und ihn begruendet. Unabhaengig von diesem Entwurf, wird die zu gruendende Ethik-Kommission des Bundestages sowie die Firma Leopoldina einen eigenen Gesetzentwurf Mitte Januar zu diesem Thema oeffentlich vorstellen.

Die PID und die CDU. Es war das Thema PID, das die Tagesordnungspunkte an den Bundesparteitagen der CDU in Karlsruhe vom 16. und 17. November durcheinander warf. Ueber Tausend Delegierte wollten, das liegt ja insbesondere im Leitbild der CDU, aber natuerlich nicht nur, verankert, keine vorschnelle Entscheidung und – keine alleinige Entscheidung faellen. Erst beim Bundesparteitag verschoben von Montag auf Dienstag, weil die Diskussionszeit zu knapp wurde. Am Dienstag entschieden die CDU-Parteidelegierten knapp fuer eine begrenzte PID - und: eine Gesetzesinitiative fuer einer Zulassung der PID muss von allen in Deutschland vertretenden Bundestagsparteien erarbeitet, debattiert und entschieden werden.

Die Anzahl der betroffenen Paare sei nicht sehr gross, liege bei etwa 100 bis 200 sagten am Dienstag, 21.12.2010, in der Bundespressekonferenz der rechtspolitische Sprecher Bündnis 90/Die Grünen, Jerzy Montag und seine SPD-Kollegin und Vorsitzende des Ausschusses fuer Gesundheit Carola Reimann.

Anwesend waren auch der Parlamentarische Staatssekretaer (PStS) des Bundesministeriums fuer Wirtschaft und Technologie (BMWi) Peter Hintze (CDU), die stellvertretende FDP-Bundestagsfraktionsvorsitzende und Sprecherin fuer Gesundheit Ulrike Flach und die stellvertretende Fraktionsvorsitzende von Die Linke, Petra Sitte.

Der Gruppenantrag der Bundestagsfraktionen CDU/CSU, SPD, Die Linke und Buendnis 90/Die Gruenen zur Praeimplantationsdiagnostik enthaelt unter anderem die Forderung, eine Ethik-Kommission fuer die PID-Begleitforschung einzusetzen, die laut Peter Hintze durchaus aus Fachleuten aus den Bereichen Medizin, aber auch aus Betroffenen bestehen darf, ergaenzte Petra Sitte.

Der gemeinsame Gesetzentwurf soll das Embryonenschutzgesetz aendern und Eltern ermoeglicht werden, eine kuenstlich befruchtete Eizelle vor ihrer Implantation in die Gebaermutter auf schwere genetische Schaeden zu untersuchen, um moegliche Schwangerschaftsabbrueche, Tot- oder Fehlgeburten zu vermeiden. Die Regel soll genetisch vorbelasteten Eltern ermoeglichen, Ja zu einem eigenen Kind zu sagen.

Der Gesetzentwurf wird, so eine Pressemitteilung von Hintze, von Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen und Bundesfamilienministerin Kristina Schroeder, beide CDU, unterstuetzt. Hintergrund dieses Gesetzes ist ein Urteil des Bundesgerichtshofs vom Juli 2010, wonach die PID unter bestimmten Voraussetzungen in Deutschland erlaubt ist. Während die PID in vielen europaeischen Laendern bereits durchgeführt wird, war ihre Zulaessigkeit in Deutschland umstritten. Mit dem Gesetz soll nun für Rechtsklarheit in Deutschland gesorgt werden.

Mit zwei weiteren Gesetzentwürfen zur PID wird der Vorschlag der Hintze-Gruppe Anfang 2011 im Deutschen Bundestag beraten. Da die PID grundlegende ethische Fragen aufwirft, wurde vereinbart, dass die Abgeordneten hierbei ihrem Gewissen folgen, betonten die Abgeordneten in der Bundespressekonferenz.

Seit gut zwei Jahrzehnten gibt es mit der PID die medizinische Moeglichkeit, schwere Erbkrankheiten und Chromosomenanomalien an kuenstlich erzeugten Embryonen noch vor deren Implantation zu erkennen.

Mit seinem Urteil vom 6. Juli 2010 hat der Bundesgerichtshof festgestellt, dass die PID zur Entdeckung schwerer genetischer Schäden des künstlich erzeugten Embryos nach geltendem Recht unter bestimmten Voraussetzungen straffrei ist. Dabei hat der Bundesgerichtshof (BGH) darauf hingewiesen, dass es widersprüchlich waere, einerseits die belastenden Schwangerschaftsabbrueche nach § 218a Abs. 2 StGB straffrei zu lassen und andererseits die PID, die auf einem weitaus weniger belastenden Weg dasselbe Ziel verfolgt, bei Strafe zu untersagen.

Damit steht zwar fest, dass die PID in der vom BGH zu entscheidenden Konstellation nach geltendem Recht nicht strafbar ist. Eine eindeutige gesetzgeberische Grundentscheidung, ob und inwieweit die PID in Deutschland Anwendung finden soll, steht jedoch aus.

Das will der Bundestag aendern. Die Praeimplantationsdiagnostik soll in Ausnahmefällen zulaessig sein. Ein Totalverbot findet Hintze „verfassungswidrig“, Montag sagte, das Totalverbot wuerde das Frauenrecht auf Selbstbestimmung gegen Null bringen und Sitte sprach nach der Pressekonferenz gar von „Frauenfeindlichkeit“.

Um Rechtssicherheit für die betroffenen Paare und die Aerzte herzustellen, ist das Embryonenschutzgesetz um eine Regel zu ergaenzen, die die Voraussetzungen und das Verfahren einer PID festlegt. Zur Vermeidung von Missbraeuchen soll die PID nach verpflichtender Aufklaerung und Beratung sowie einem positiven Votum einer interdisziplinär zusammengesetzten Ethik-Kommission in den Faellen zulaessig sein, in denen ein oder beide Elternteile die Veranlagung für eine schwerwiegende Erbkrankheit in sich tragen oder mit einer Tot- oder Fehlgeburt zu rechnen ist.

Die Ethik-Kommission soll laut der Abgeordneten Hintze, Montag und Sitte mindestens aus Frauenaerztinnen, psychotherapeutisch geschulten Personen sowie psycho-sozial versierten Begleitpersonen bestehen.

Im Vorfeld der PID soll eine sorgfältige Diagnostik bei beiden Partnern nach strengen Kriterien erfolgen. Zur Gewaehrleistung eines hohen medizinischen Standards soll die PID an lizenzierten Zentren vorgenommen werden, die ihre Informationen an den Bundestag weiterleiten sollen. Die FDP-Abgeordnete Ulrike Flach sagte, die Zentren muessten alle zwei Jahre einen Bericht dem Bundestag vorlegen. Die Kosten fuer die PID seien relativ gering, da es sich nur um bis zu 200 Paare pro Jahr handele. Ob die PID von den Krankenkassen bezahlt wird, sei zum Zeitpunkt der Pressekonferenz noch offen. Eine PID soll weiterhin nur von zugelassenen Aerzten vorgenommen werden duerfen. Eine Liste von Krankheiten, für die PID zulaessig sein soll, wurde bewusst verzichtet, sagten die Abgeordneten auf Journalistenanfragen.

Designerbabies. Die Gefahr von Paaren, die Dank zugelassener PID, Wuensche nach Designerbabies aeussern koennten, wiesen alle Parteivertreter ab. Andere Laender, beispielsweise Frankreich, haben keine derartigen Anfragen. Ausserdem sei die Prozedur per kuenstliche Befruchtung zu einem Kind zu kommen so qualvoll und von Misserfolgen und Leiden gekennzeichnet, dass sich die Anfragen nach PID konstant niedrig bei 0,4 Prozent hielten. Missbraeuche seien so gut wie ausgeschlossen.

Wann ist ein Mensch ein Mensch? Die Frage, ob es eine Verletzung der Menschenwuerde sei, Zellen nicht als Menschen zu betrachten und gegebenenfalls zu vernichten, beantwortete Peter Hintze nach der Bundeskonferenz gegenueber Journalisten, indem er auf das Gefuehl aufmerksam machte, dass ein Menschen habe, wenn er ein Kind verliere durch den Tod, mit dem Gefuehl, wenn er den Tod von Zellen verantwortet. Das Gefuehl der Anteilnahme und der einhergehenden Trauer sei bei den Zellen nicht so stark. Hintze nahm noch ein Beispiel: Wenn ein Feuerwehrmann in ein brennendes Krankenhaus geht und retten soll, was zu retten geht, und das sind zuerst die Menschen, und der Feuerwehrmann gelangt in einen Raum, wo ein Kanister mit befruchteten Eizellen steht und daneben ist ein Zimmer mit einem Baby darin, wird er zuerst das Baby retten.

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Das Praeimplantationsdiagnostikgesetz (PraeimpG)

Das Praeimplantationsdiagnostikgesetz (PraeimpG) sieht folgende Aenderungen in Artikel 1, des Embryonenschutzgesetzes vom 13. Dezember 1990 (BGBl. I S. 2746) vor: 1. Nach § 3 wird folgender neue § 3a eingefügt: § 3a Präimplantationsdiagnostik.
(1) Wer Zellen eines Embryos in vitro vor seinem intrauterinen Transfer genetisch untersucht (Präimplantationsdiagnostik), wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Besteht auf Grund der genetischen Disposition der Eltern oder eines Elternteiles für deren Nachkommen eine hohe Wahrscheinlichkeit für eine schwerwiegende Erbkrankheit, handelt nicht rechtswidrig, wer zur Herbeiführung einer Schwangerschaft nach dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Wissenschaft und Technik einen Embryo in vitro vor dem intrauterinen Transfer auf die Gefahr dieser Krankheit untersucht. Nicht rechtswidrig handelt auch, wer eine Präimplantationsdiagnostik zur Feststellung einer schwerwiegenden Schädigung des Embryos vornimmt, die mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einer Tot- oder Fehlgeburt führen wird.

(3) Eine Präimplantationsdiagnostik nach Absatz 2 darf nur nach einer medizinischen und psycho-sozialen Beratung und schriftlichen Einwilligung der Mutter von fachlich geschulten Ärzten nach einem positiven Votum einer interdisziplinär zusammengesetzten Ethikkommission und in für die Präimplantationsdiagnostik lizenzierten Zentren vorgenommen werden. Die im Rahmen der Präimplantationsdiagnostik durchgeführten Maßnahmen werden in einer Zentralstelle dokumentiert. Das Nähere wird durch Verordnung der Bundesregierung geregelt.

(4) Ordnungswidrig handelt, wer entgegen § 3a Abs. 3 eine Präimplantationsdiagnostik vornimmt. Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu fünfzigtausend Euro geahndet werden.

(5) Kein Arzt ist verpflichtet, eine Maßnahme nach Absatz 2 durchzuführen oder an ihr mitzuwirken. Aus der Nichtmitwirkung darf kein Nachteil des Betreffenden erwachsen.

(6) Die Bundesregierung erstellt in jeder Legislaturperiode, frühestens nach zwei Jahren nach Inkrafttreten des Gesetzes, einen Bericht über die Erfahrungen mit der Präimplantationsdiagnostik. Der Bericht enthält auf der Grundlage der zentralen Dokumentation die Zahl der jährlich durchgefuehrten Maßnahmen sowie eine wissenschaftliche Auswertung. Der Bericht beruht auf anonymisierten Daten.

(Franziska Sylla, 22.12.2010, 18.30h)

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Anderes Medium
zum Thema (Titelthema der Druckausgabe Neues Deutschland, vom 22.12.2010 und Seite 2 ebenda):

http://www.» neues-deutschland.de/artikel/187071.streitfall-embryonentest.html
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Leopoldina, laut Internetseite die aelteste naturwissenschaftlich-medizinische Gelehrtengesellschaft in Deutschland, wurde im Jahr 1652 in Schweinfurt gegründet und hat seit 1878 ihren Sitz in Halle/Saale. Seit 2008 ist die Leopoldina die Nationale Akademie der Wissenschaften. http://www.» leopoldina.org/de/presse/pressemitteilungen/2010.html

Mehr zu dem Begriff Ethik-Kommission: http://de.» wikipedia.org/wiki/Ethikkommission

Mehr zur Person Peter Hintze (CDU): http://de.» wikipedia.org/wiki/Peter_Hintze
Zu Carola Reimann (SPD): http://www.» bundestag.de/bundestag/abgeordnete17/biografien/R/reimann_carola.html
Zu Ulrike Flach (FDP): http://www.» ulrike-flach.de/

Gesetzentwurf zum PraeimpG: http://www» .ulrike-flach.de/wcsite.php?wc_c=3326&wc_id=82
Oder als Download: http://» www.ulrike-flach.de/files/3326/Gesetzentwurf_PraeimpG_20.12.2010.doc

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